Schule aktuell

Pilotschule HLW 19: Wie alte Schulen energieeffizient werden können

An der Wiener HLW 19 startet ein Pilotprojekt für nachhaltige Energieversorgung. Schulleiter Erich Rehberger erklärt, wie die Kombination aus Photovoltaik, Pelletheizung und Wärmepumpe die Schulen energieeffizient machen soll.

Florian Wörgötter - 10. November 2022

Hoelzel Journal | HLW 19 | Erich Rehberger, Martin Polaschek, Wolfgang Gleissner | © BKA Andy Wenzel

Sonne am Dach der HLW 19: Direktor Erich Rehberger (links) mit Bildungsminister Martin Polaschek (Mitte) und Wolfgang Gleissner von der Bundesimmobiliengesellschaft (rechts). Gemeinsam besiegeln sie die Grüne Energie im 1960er-Jahre-Schulgebäude der HLW 19, die richtungsweisend für künftige Schulum- und -neubauten sein soll. Im Interview verrät Rehberger, wie konkret Schulen energieeffizient wie seine werden können.

Hölzel Journal: Welche Energieeffizienz-Maßnahmen haben Sie an der HLW 19 umgesetzt? Und warum?

Erich Rehberger: Unser Schulgebäude wurde in den 1960er-Jahren erbaut. Der damalige Heizanlagen-Standard mit zwei Ölkesseln hat bis vor kurzem noch funktioniert. Doch wir konnten keine Techniker/innen mehr finden, die diese Heizung reparieren können; auch sind keine Ersatzteile mehr im Umlauf.

Gas und Fernwärme sind an unserem Standort in Grinzing nicht möglich, daher hat die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als Eigentümerin vorgeschlagen, wir starten an der HLW 19 ein Pilotprojekt für ähnlich alte Schulgebäude. Einerseits haben wir unser riesengroßes Flachdach mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Andererseits haben wir den Kellerbereich entkernt, die Ölheizung gegen eine Pelletheizung getauscht und die Öltanks in Pelletkessel umfunktioniert.

Zusätzlich haben wir am Dach eine Wärmepumpe und einen Wärmespeicher installiert. Die Wärme heizt das Wasser im Wärmespeicher auf und versorgt das Haus. Die Solarenergie aus dem Sommer in den Herbst mitzunehmen, ist jedoch noch nicht möglich.

Die Energiesysteme werden kombiniert betrieben und digital mittels Software optimiert. Wann im Schulalltag profitieren Sie von einer flexiblen Steuerung der Heizung?

Mit der neuen Heizanlage sind alle Heizkörper im Haus mit neuen Ventilen versehen worden. Mit der neuen Steuerung können wir nun endlich auch die Temperatur regeln. Die 50 Jahre alte, zentral gesteuerte Ölheizung konnte man defacto nur ein- oder ausschalten. Ich sag es ganz offen: Das Gebäude war überheizt.

„Das Gebäude war überheizt. Wir mussten die Fenster aufreißen, damit die Raumtemperatur halbwegs erträglich gewesen ist.“

Wir mussten die Fenster aufreißen, damit die Raumtemperatur halbwegs erträglich gewesen ist. Wir haben auch übers Wochenende durchgeheizt. Nun können wir während schulautonomer Tage die Heizung abschalten und frühzeitig wieder einschalten.

Welche Einsparungen sind mit Photovoltaik, Pelletheizung und Wärmepumpe zu erwarten?

Laut aktualisierten Berechnungen der BIG sollten wir circa 30 Prozent der Heizkosten einsparen können. Mit der Photovoltaik sollten wir bis zu 70 Prozent an Eigenstrom im Haus erzeugen können. Natürlich hängt die Einsparung davon ab, wie sich die Kosten für die Pellets entwickeln werden.

Wie geht’s Ihnen mit dem Schulbudget angesichts der steigenden Energiekosten?

Ich muss die Heizkosten von meinem Schulbudget bezahlen. Für das laufende Jahr 2022 habe ich mein gesamtes Budget für die Mehrkosten für Öl und den Strom ausgegeben. Als wir letztes Jahr das Budget für das heurige Jahr geplant haben, war ja noch nicht klar, dass die Energiepreise so hoch steigen werden.

Müssen Sie Schulausflüge oder Schulfeiern einsparen?

Schulausflüge müssen wir ja nicht bezahlen. Doch die geplante Anschaffung von neuen Computern und Schulmöbeln müssen wir verschieben.

Und die Kosten für die Gebäudetechnik …

… übernimmt die Bundesimmobiliengesellschaft als Eigentümerin vollständig.

Die BIG nennt die HLW19 ein „richtungsweisendes Projekt für weitere Bundesschulen im Sinne von Energieeffizienz, Kosteneinsparungen und Klimaneutralität“. Lässt sich schon sagen, was davon Schule machen wird?

Laut dem BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner hängt der Einsatz der Gebäudetechnik natürlich immer vom jeweiligen Gebäude ab. Entweder man wendet unser Gesamtkonzept an oder nur einzelne Komponenten. Unser Vorteil ist, dass wir mit dem Flachdach die Photovoltaik zu 100 Prozent nutzen können. Wenn Schulen ein Schrägdach haben, das auch nicht optimal zur Sonne steht, wird die Photovoltaik nicht ausreichen. Setzt man auf eine Pelletheizung, braucht man Platz für einen Pellettank, damit nicht jede Woche der Tankwagen vorfahren muss.

Welche Herausforderungen mussten Sie während der Umbauphase bewältigen?

Die größte Herausforderung war, seit Baubeginn im Mai 2022 den laufenden Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Denn die Sommerferien reichen für ein solches Bauprojekt nicht aus. Wir mussten darauf achten, dass während der Abschlussprüfungen nicht der Presslufthammer lärmt.

„Die Sommerferien reichen für ein solches Bauprojekt nicht aus.“

Außerdem brauchten wir eine provisorische Heizung, denn als HLW müssen wir eine Küche betreiben und einen Turnsaal mit Warmwasser versorgen. Noch übernimmt das ein Öltank mit einem Ölbrenner vom Gehsteig aus. Am 20. November startet dann unser erster Probebetrieb mit der neuen Pelletheizung und hoffentlich etwas Sonne.

Eine wichtige Energiesparmaßnahme ist die Bewusstseinsbildung der Schüler/innen und Lehrenden. Wie gelingt diese Sensibilisierung an Ihrer Schule?

Wir versuchen das Thema „Umwelt“ natürlich – wo auch möglich – in den Unterricht einzubinden. Im Schulfach „Naturwissenschaften“ unterrichten wir auch Klimathemen und Umweltschutz. Auch der Schüler/innenvertretung ist es immer ein großes Anliegen, dass alle gemeinsam auf die Mülltrennung schauen.

Der Umweltgedanke beginnt auch damit, dass defacto alle Schüler/innen mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Schule fahren. Und mit dieser neuen Heizung haben wir das Maximum an Energiesparmaßnahmen erreicht. Es war ungemein wichtig, aus der Ölheizung rauskommen.

Hoelzel Journal | Pelletheizung | © HLW 19

Die neue Pelletheizung in der HLW 19.

Was können Schulen noch tun, um Energie zu sparen?

Wenn es die Schulautonomie erlauben würde, könnte ich mir vorstellen, dass auch das Distance Learning einiges an Energie einsparen würde. Wenn die Schüler/innen nur vier Tage in die Schule kommen und am fünften Tag über MS Teams oder Zoom unterrichtet werden, würde das auch die öffentlichen Verkehrsmittel entlasten. Dazu müsste man aber die Schulautonomie ausbauen.

„Wenn es die Schulautonomie erlauben würde, könnte ich mir vorstellen, dass auch das Distance Learning einiges an Energie einsparen würde.“

In der großen Pause gestalten Schüler/innen im Rahmen des fachpraktischen Unterrichts täglich das „Vital-Buffet“. Dort werden heimische ökologische Produkte angeboten, um die Schüler/innen in diese Richtung zu sensibilisieren.

Bei Klassenfahrten versuchen wir, statt ins Flugzeug in den Zug zu steigen. Wobei wir als öffentliche Schule auch daran scheitern, dass der Zug meist mehr Zeit und Geld kostet, was bei einer Sprachreise nach Spanien oder einer Fahrt nach Brüssel wieder zwei Tage extra kosten würde.

Die HLW 19 ist auch Teil des Umwelt-Netzwerks ÖKOLOG, das Bildungsminister Martin Polaschek kürzlich Schulen empfohlen hat. In welcher Form werden Sie unterstützt?

Bei uns im Haus ist eine Lehrkraft für ÖKOLOG zuständig. Sie holt sich immer wieder Informationen und realisiert im Rahmen ihres Unterricht Umweltprojekte. ÖKOLOG ist auch ein wichtiger Ideengeber für die Jahresprojekte im Fach „Project-based Learning“.

Eines der wichtigsten Themen ist die Mülltrennung, die bei vielen Schülerinnen und Schülern erst verankert werden muss, weil sie im Elternhaus nicht vorgelebt wurde. Ein weiteres ÖKOLOG-Projekt: Zwei Lehrerinnen sind gelernte Imkerinnen und betreiben in unserem Garten mehrere Bienenstöcke. Wir schleudern unseren eigenen Bienenhonig im Haus und vergeben ihn bei fachpraktischen Prüfungen als Give-away.

Werden diese ÖKOLOG-Projekte auch finanziell gefördert?

Nein. Bis jetzt haben wir nur ein ÖKOLOG-Siegel erhalten.

Was planen Sie noch an Nachhaltigkeitsprojekten?

Für den fachpraktischen Unterricht in Kochen möchten wir Kräuter und Gemüse in unserem Garten ziehen. Es wäre ein gutes ÖKOLOG-Projekt, doch wir suchen noch nach einer Lösung, wie wir die Sommerpause überbrücken.

 

Wenn Sie nach Unterrichtsmaterialien zum Thema „Energieversorgung“ suchen, dann empfehlen wir Ihnen einen Blick in die Geografie-Bücher des Hölzel-Verlages. Eine Übersicht samt Aufgaben finden Sie im aktuellen WissenPlus für Geografie.

Wenn Sie die Energie der Zukunft anhand von didaktisierten Zeitungsartikeln diskutieren wollen, schauen Sie in das neue aufgelesen XL von MISCHA – Medien in Schule und Ausbildung. Hier beschreiben wir die einzelnen Themen.

 

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