Schwerpunkt: Orientierung

Jugend und Fake News: Junge Menschen trauen ihren Quellen kaum

Eine neue Studie von Saferinternet.at untermauert, dass sich Jugendliche ihre tagesaktuellen Informationen aus Sozialen Netzwerken und Online-Medien holen. Das Paradoxe: Genau diesen Kanälen vertrauen sie am wenigsten. Warum?

Florian Wörgötter - 14. Februar 2023

Hoelzel Journal | Saferinternet.at | Fake News

Was ist Fakt? Was ist Fake? Der Megafon-Lärm der Sozialen Medien übertönt den Unterschied häufig. Die EU-Initiative Saferinternet.at hat sich in einer neuen Studie bei der Jugend umgehört, wie sie mit Informationsquellen und Fake News umgeht. Hier die wichtigsten Ergebnisse.

Politik, Sport und Kultur – wenn es um tagesaktuelle Information geht, dann sind Online-Medien und Soziale Netzwerke die erste Anlaufstelle für Jugendliche. Das Paradoxon: Den Sozialen Netzwerken vertrauen sie trotzdem am wenigsten. Dieses widersprüchliche Ergebnis ermittelt die neue Studie „Jugendliche und Falschinformation im Internet“ – vom Institut für Jugendkulturforschung durchgeführt im Rahmen der EU-Initiative Saferinternet.at.

Befragt wurden 400 Jugendliche im Alter von elf bis 17 Jahren im Zeitraum November 2022. Zusätzlich wurden fünf Fokusgruppen-Gespräche mit 70 Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren geführt. Eine vergleichbare Untersuchung wurde schon im Jahr 2017 erhoben. Hier ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse.

Soziale Medien wichtigste Informationsquelle

Die Studie belegt, dass Jugendliche immer mehr ihre tagesaktuellen Informationen aus Sozialen Netzwerken beziehen. Immerhin acht von zehn Jugendlichen nutzen diese wöchentlich für Infos aus Politik, Sport und Kultur (2017 waren es noch sechs von zehn). Youtube ist in seiner Beliebtheit als Informationsmedium von 27 Prozent auf 75 Prozent immens gestiegen.

Infografik | Fake News | 2023 | © Saferinternet.at

Darauf folgen Streaming-Plattformen (59 Prozent), Fernsehen (2023: 54 Prozent, 2017: 59 Prozent), Blogs und allgemeine Webseiten (2023: 48 Prozent), Webseiten klassischer Medien (2023: 39 Prozent; 2017: 20 Prozent), Wikipedia (2023: 39 Prozent; 2017: 9 Prozent) sowie Radio (2023: 37 Prozent; 2017: 33 Prozent) und Podcasts (24 Prozent). Gedruckte Tageszeitungen und Magazine spielen nur noch bei 17 Prozent der Jugendlichen eine relevante Rolle, ein Rückgang um 8 Prozentpunkte.

Klassische Medien glaubwürdiger, doch weniger genutzt

Fragt man die Jugendlichen nach der Glaubwürdigkeit der Mediengattungen, dann kommt die Studie zum widersprüchlichen Ergebnis, dass lediglich acht Prozent die Sozialen Netzwerke als „sehr glaubwürdig“ einschätzen. Die zweitwichtigste Informationsquelle Youtube wird von schwachen 10 Prozent als „sehr glaubwürdig“ bezeichnet.

Das größte Vertrauen schenken die Jugendlichen der Online-Enzyklopädie Wikipedia (2023: 25 Prozent; 2017: 21 Prozent), Radio (2023: 21 Prozent; 2017: 32 Prozent), Fernsehen (2023: 20 Prozent; 2017: 29 Prozent), Webseiten der klassischen Medien (2023: 19 Prozent; 2017: 23 Prozent) sowie Tageszeitungen und Magazine (2023: 12 Prozent; 2027: 20 Prozent). Auch hier wird der Widerspruch deutlich: Trotz ihrer Glaubwürdigkeit werden klassische Medien weitaus weniger genutzt.

Im Gegensatz dazu werden beziehen sich bereits 63 Prozent der Jugendlichen bei tagesaktuellen Themen auf Beiträge von Influencerinnen und Influencer. Interessant ist auch, dass Suchmaschinen als private Recherche- und Informationsquelle zu tagesaktuellen Themen vorrangig in Schule und Beruf verwendet werden (48 Prozent). Die Internetsuche dominieren Soziale Netzwerke (80 Prozent) und Youtube (75 Prozent).

Jugend und Fake News: Faktencheck schwierig

Ob die Informationen aus dem Internet auch der Wahrheit entsprechen, verunsichert jede/n zweiten Jugendliche/n häufig. Jedoch auch für schulische Zwecke überprüfen nur 64 Prozent die Quellen von Information – und das tun sie nur, wenn ihnen die Info unglaubwürdig erscheint. Obwohl beim Großteil ein Interesse zum Faktencheck besteht, nutzen nur 12 Prozent die Online-Faktenchecks von Mimikama und Correctiv.

Jede/r zweite vergleicht Informationen mit unterschiedlichen Quellen oder empfindet die Überprüfung der Quellen als mühsam oder leitet Nachrichten ungeprüft weiter. 56 Prozent der 11- bis 14-Jährigen holen sich ihren Faktencheck bei ihren Eltern.

Laut der Studie ist die wichtigste Strategie im Umgang mit Falschmeldungen (57 Prozent), sie zu ignorieren und weiterzuscrollen. Für sieben von zehn Jugendlichen sei es schwierig herauszufinden, ob eine Information aus dem Internet wahr oder falsch ist. Ein Viertel der Jugendlichen macht Personen, die Falschinformationen verbreiten, darauf aufmerksam oder meldet sie bei der Plattform. 21 Prozent der Jugendlichen versuchen mithilfe von Kommentaren, andere Personen vor Falschmeldungen zu warnen.

Regelmäßiges Training der Informationskompetenz

Das Studienfazit von Saferinternet.at lautet: „Schulen müssen sicherstellen, dass Schüler/innen die Kompetenzen zur Bewertung von Information nicht nur theoretisch erlernen, sondern auch in allen Fächern und allen Schulstufen regelmäßig üben. Eltern sind gefordert, ihre Kinder über vertrauenswürdige Quellen aufzuklären und im Familienalltag laufend den Wahrheitsgehalt von Informationen zu reflektieren.“

Zur Aufklärung bietet Saferinternet.at diverse Angebote, Workshops und Leitfäden zur Überprüfung von Informationen im Internet. Auch im aktuellen Saferinternet-Aktionsmonat, der noch bis Ende Februar läuft, wird das Thema Fake News großgeschrieben. Schulen können hier teilnehmen.

 

Warum die Informationskompetenz mit dem Aufkommen von Künstlicher Intelligenz wie ChatGPT noch bedeutender wird, erklärt die Digitale-Grundbildung-Lehrerin Alicia Bankhofer hier im Hölzel Journal-Interview.

 

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