Schule aktuell

Klima, Krise, Kipppunkte: Bei der Erderwärmung geht es um Grundrechte.

Beim Thema Erderwärmung geht es um nichts weniger als menschliche Grundrechte. Machen wir das Klima zum menschlichen Grundrecht! Angesichts der bestehenden Rechte auf Nahrung, Wasser, Wohnen, Eigentum, Unterhalt, Gesundheit und eine saubere Umwelt sollten wir es.

Hölzel Journal-Redaktion - 1. Februar 2024

Unsere Sonne ist im besten Alter, in der Mitte ihres Lebens. Sie wird also nochmal fünf Milliarden Jahre für Leben auf unserem Planeten sorgen – wenn der Mensch für seinen Planeten sorgt. Können wir Verantwortung für die Erde übernehmen? Müssen wir es? Angesichts der menschlichen Grundrechte – das Recht auf Nahrung, Wasser, Wohnen, Eigentum, Lebensunterhalt, Gesundheit und eine saubere Umwelt – sollten wir es, ist die einhellige Meinung der Wissenschaft.

Der Klimawandel bedroht Menschenrechte. Durch Hitze, Dürren oder Überschwemmungen verlieren Menschen ihre Lebensgrundlagen, die von Klimaforschern berechneten steigenden Temperaturen – zwei bis sechs Grad bis ins Jahr 2100 – würden zur Wasserknappheit für einen von sechs Menschen führen, hundert Millionen Menschen würden infolge des steigenden Meeresspiegels obdachlos, das bedeutet: 100 Millionen Klimaflüchtlinge. Der frühere UN-Chef Ban Ki-moon meinte dazu: „Der Klimawandel ist so gefährlich wie ein Krieg.“

Verantwortung und Empathie

Bis vor Kurzem berücksichtigte man keine menschenrechtlichen Überlegungen in der Klimadiskussion. Erst im Klimaabkommen von Paris wurden Menschenrechte in der Präambel angeführt. Demnach sollen die Vertragsstaaten bei Maßnahmen diese Rechte respektieren. Pragmatisch gesehen eine nachvollziehbare Entscheidung, in der Praxis ist sie allerdings – betrachtet man die klimapolitischen Entscheidungen der Industrieländer allein in den vergangenen zehn Jahren – offensichtlich schwer umsetzbar.

Jene Menschen, deren Lebensumfeld am meisten vom Klimawandel bedroht sind, leben nämlich nicht in jenen Staaten, welche die Hauptverantwortung für ihn tragen.

Politische Entscheidungsträger der Industrienationen bewohnen die klimatisch begünstigte Seite der Erdkugel, was bedeutet, dass Empathie notwendig ist, um Entscheidungen im Sinne der Benachteiligten zu treffen.

Und doch sind auch Europa, die USA und China vom Klimawandel betroffen, weshalb Industriemächte in ihren eigenen Klimaschutz großzügig Milliarden von Dollar investieren. Geld, das in Entsalzungsanlagen, Flutbarrieren sowie die genetische Manipulation von Feldfrüchten investiert wird. Klimaanpassungsstrategien eben. In Österreich entwickelte man 2017 ein Programm, um auf Folgen des Klimawandels regional gezielt einzugehen. Die Klimawandel-Anpassungs-Regionen (KLAR!) wurden etabliert. Probleme durch Hitze oder Starkregen ohne negative Auswirkungen auf andere Bereiche zu lösen, Wälder klimafit zu gestalten oder die Trinkwasserversorgung zu sichern, sind die Ziele. Aktuell verzeichnet man 89 österreichische KLAR!-Regionen.

Das Milliarden-Dollar-Versprechen

Auf der Klimakonferenz 2009 hatten die reichen Staaten der Weltgemeinschaft den ärmsten und am härtesten betroffenen Ländern versichert, sie finanziell zu unterstützen, 100 Milliarden Dollar pro Jahr bis spätestens 2020 sollten gewährleisten, dass sich die Staaten der südlichen Erdhalbkugel besser auf die Folgen der globalen Erwärmung vorbereiten können. Ein Versprechen, das nicht gehalten wurde, wie bei der Weltklimakonferenz 2023 in Dubai von Vertretern der Entwicklungsländer kritisiert wurde.

Und das, obwohl Industrienationen zwei Drittel des weltweit produzierten CO2 in die Luft blasen, wohingegen die afrikanischen Länder weniger als drei Prozent zum globalen Kohlendioxid-Ausstoß durch Verbrennung beitragen. Allein 25 Prozent der Treibhausgase schicken die US-Amerikaner in die Atmosphäre – und sie hatten das Kyoto-Protokoll nie unterzeichnet. Jenes 1997 in Japan beschlossene Zusatzprotokoll zur Ausgestaltung der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC), das zum Ziel hatte, den Klimawandel durch Schutzmaßnahmen zu entschleunigen. Doch immerhin: 2021 traten die USA in das Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls, in das Klimaabkommen von Paris ein, im gleichen Jahr lud die US-Regierung zum internationalen Klimagipfel und erklärte Umwelt- und Klimapolitik zur obersten Priorität.

Hölzel Journal | Erderwärmung | Klimawandel | © shutterstock

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Kipppunkt und Untergang

Eigentlich müsste die Klimaerwärmung rasch gestoppt werden, doch von welchem Tempo sprechen wir, respektive die Wissenschaft? Laut einem Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) muss die Menschheit von jetzt an ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis etwa zum Jahr 2050 um 40 bis 70 Prozent senken, um nicht mehr rückholbare Veränderungen des Klimas zu verhindern.

Je stärker die globale Temperatur steigt, desto höher ist die Gefahr, dass einzelne Elemente des Klimasystems kippen.

Wenn diese Kipppunkte überschritten werden, könnten Mechanismen einsetzen, die nicht mehr aufzuhalten sind und weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt haben. Gelingt es nicht, den Kipppunkt zu verhindern, wird 2050 die Sahelzone unbewohnbar und Vanuatu untergegangen sein. Die kleine Pazifik-Nation ist eine der am stärksten vom Klimawandel bedrohten Regionen der Erde, durch den steigenden Meeresspiegel und auch durch häufig auftretende, schwere Zyklone gefährdet, die mit der globalen Erwärmung laut Klimaforschern immer häufiger auftreten. Zyklon „Pam“ zerstörte 2015 90 Prozent aller Gebäude in der Hauptstadt Port Vila. Laut Experten könnte die 83 vulkanische Eilande umfassende Inselgruppe durch die Klimakatastrophe tatsächlich vollkommen verschwinden. Etwa 300.000 Menschen würden ihre Heimat verlieren und zu Klimaflüchtlingen.

Immerhin gelang Vanuatu ein Erfolg im Rahmen der Klimadiskussion: Auf ihren ursprünglichen Antrag hin beschlossen die Vereinten Nationen im Vorjahr eine „historische Resolution“. Der Internationale Gerichtshof soll nun prüfen, ob das staatliche Handeln zum Bremsen des Klimawandels ausreicht. Der Antrag des Inselstaates wurde von 132 Nationen unterstützt – allerdings nicht von den USA. So viel zum Thema Empathie und Entscheidungen im Sinne von Benachteiligten. Mögen die Inselstaaten untergehen, solange der Kapitalismus nicht untergeht. Aber immerhin: Die Erde hat noch fünf Milliarden Jahre zu leben – mit oder ohne Menschen.

 

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