Schule aktuell
Mehrsprachigkeit als Teil interkultureller Bildung im österreichischen Schulwesen
Aus Muttersprache wird Erstsprache und die interkulturellen Kompetenzen gewinnen im österreichischen Schulwesen an Relevanz. Kommunikation ist der Schlüssel für ein respektvolles Miteinander.
Hölzel Journal-Redaktion - 9. November 2023
In Österreichs Klassenzimmern spiegelt sich die kulturelle und sprachliche Vielfalt der globalisierten Gesellschaft wider.
Der soziale Hintergrund der Schülerinnen und Schüler einer Klasse war noch nie homogen, doch mittlerweile sind Familienrealitäten und Lebensentwürfe so heterogen wie nie zuvor. Umso mehr Bedeutung gewinnt interkulturelle Bildung im Schulalltag – und zwar für Lehrende ebenso wie für Schülerinnen und Schüler, da sie zum respektvollen Umgang mit Menschen in einer multikulturellen Gesellschaft beiträgt.
Interkulturelle Bildung vermittelt historische und aktuelle gesellschaftliche Veränderungsprozesse, wie etwa Migrationsbewegungen, Abwanderungsprozesse in ländlichen Regionen und Bevölkerungszunahme im städtischen Raum, diverse Biografien sowie soziale Aspekte. Sie lenkt den Blick auf Herausforderungen und Chancen, die sich damit in den Schulen ergeben.
Wesentlicher Bestandteil interkultureller Kompetenz ist das Sprachverständnis. Nicht nur der Fremdsprachenunterricht ab der fünften Schulstufe und bilingualer Unterricht sollen die Sprachkompetenzen von Österreichs Schülerinnen und Schülern erweitern, zwei Neuerungen sollen zu besserem Spracherwerb an Österreichs Schulen beitragen.
Aus Muttersprache wird Erstsprache
Viele Schülerinnen und Schüler in Österreich wachsen zweisprachig oder sogar mehrsprachig auf. Dies birgt hohes Potenzial im Bereich interkulturelle Kommunikation, Potenzial, das es an den Schulen zu fördern gilt. Der Erstsprachenunterricht ist ein freiwilliges und kostenloses Angebot des Regelschulwesens und hat zum Ziel, die Sprachkompetenzen der Schülerinnen und Schüler in ihrer Erst-, Zweit- und/oder Familiensprache zu stärken. Festigung der Alltagssprache und Aufbau bildungssprachlicher Kompetenzen sind primäre Ziele. Schülerinnen und Schüler sollen in ihrer mehrsprachigen Identitätsentwicklung bestärkt und gefördert werden. Knapp 30 Sprachen umfasst das aktuelle Angebot in Österreich.
Weitere Informationen zum Erstsprachenunterricht finden Sie unter schule-mehrsprachig.at
Erstsprachenunterricht im Lehrplan 2023
Der Lehrplan 2023 bildet den pädagogischen und organisatorischen Rahmen zur Umsetzung des Erstsprachenunterrichts an allgemeinen Pflichtschulen.
- Den Lehrplan für den Erstsprachenunterricht in der Vorschulstufe finden Sie hier.
- Den Lehrplan für den Erstsprachenunterricht in der 1. bis 4. Schulstufe finden Sie hier.
- Den Lehrplan für den Erstsprachenunterricht in der 5. bis 8. Schulstufe finden Sie hier.
Verpflichtender Fremdsprachenunterricht ab der dritten Schulstufe
Der Fremdsprachenunterricht in der Volksschule ist seit dem aktuellen Schuljahr 2023/24 in der 3. und 4. Schulstufe Pflichtfach, allerdings treten die neuen Unterrichtspläne „rollierend“ – also für die jeweils ersten Klassen ab 2023/24 (für die jeweils zweiten Klassen ab 2024/45 etc.) – in Kraft. Auch hier gilt:
Mit dem Erwerb sprachlicher Kompetenzen geht auch jener der interkulturellen Kompetenzen und Kommunikation einher.
Wichtige Fähigkeiten durch interkulturelle Bildung
Schülerinnen und Schüler sollen wichtige soziale und intellektuelle Fähigkeiten durch interkulturelle Bildung erwerben. Dazu gehören:
- vielfältige Lebensentwürfe und Biografien als gesellschaftliche Normalität wahrzunehmen und mit ihnen respektvoll umzugehen
- zu erkennen, dass die eigene Biografie das Erleben, Denken und Handeln prägt
- die eigene (Lebens-)Geschichte zu analysieren
- soziale, kulturelle, sprachliche und andere Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten reflektiert wahrzunehmen
- wechselnden Zugehörigkeiten und mehrfachen Identitäten in der eigenen und in anderen Biografien nachzuspüren
- Empathie und Ambiguitätstoleranz zu entwickeln
- eine kritische und wertschätzende Grundhaltung einzunehmen – als Grundlage für Zivilcourage und eine konstruktive Konfliktkultur ohne kulturelle Zuschreibungen
- einen gelassenen Umgang mit Heterogenität zu entwickeln, der es ermöglicht, Stereotype und Klischees zu identifizieren und darauf angemessen zu reagieren
- ausgrenzende, rassistische, sexistische Aussagen und Handlungsweisen zu erkennen, zu hinterfragen und dagegen aufzutreten
- gesellschaftliche Entwicklungen in der migrationsgeprägten und individualisierten Gesellschaft aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, Meinungen zu bilden und Standpunkte zu vertreten
- zu erkennen, wie mit kulturellen Zuschreibungen Macht ausgeübt und Herrschaft legitimiert wird
- die interkulturellen Kompetenzen in allen Fachgegenständen sowie im schulischen und außerschulischen Alltag anzuwenden
Lehrplananbindung
Interkulturelles Lernen ist bereits seit 1992 als fächerübergreifendes und fächerverbindendes Unterrichtsprinzip in den Lehrplänen aller allgemeinbildenden Schulen verankert. Zahlreiche Fachlehrpläne enthalten ebenfalls implizite und explizite Bezüge zur Interkulturellen Bildung.
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