Bildung und Beruf
CLIL-voc-2020: Wie lehrt man Fachthemen in Fremdsprachen?
BMHS aktuell: Diese Frage beschäftigt das Fachpublikum der 3. BMHS CLIL-Konferenz. Ein Besuch der virtuellen Vorträge gibt drei handfeste Antworten: mit geeichten Methoden, interaktiven Tools und dem richtigen Marketing.
Florian Wörgötter - 19. November 2020
Die Abkürzung CLIL steht für Content and Language Integrated Learning, also das Lernen eines Fachgegenstandes in einer Fremdsprache. Wenn etwa Geographie auf Englisch unterrichtet wird oder Geschichte auf Französisch, werden sprachliche und kommunikative Skills auch außerhalb des Sprachunterrichts gestärkt. Der Effekt: Schüler/innen erlernen Future Skills, die sie auf eine internationale Berufswelt einstimmen.
Auf der CLILvoc2020, der 3. BMHS CLIL-Konferenz, haben sich BHS-Fachkräfte am 16. und 17. November zum Wissensaustausch getroffen. Diesmal erstmalig im virtuellen Raum: Die internationalen Vortragenden haben die vier Seminarräume von Zoom gefüllt. Die Schulbuchverlage haben ihre Messestände online aufgeschlagen.
Die „Unterrichtssprache“ – wie könnte es anders sein: Englisch. Lediglich das Konfuzius-Zitat im Hintergrund einer Moderatorin bringt die Mission von CLIL in deutscher Sprache auf den Punkt: „Die ganze Kunst der Sprache besteht darin, verstanden zu werden“.
Hier eine Zusammenfassung von drei Perspektiven auf die praktische Anwendung von CLIL im Unterricht: die Methoden, die digitalen Tools und den Einsatz in kaufmännischen Fächern.
CLIL-Methoden für den Unterricht
Im Workshop „CLIL To Go“ präsentieren Brigitte Gottinger und Petra Pargfrieder von der HTL Linz diverse Methoden, mit denen Lehrende CLIL im Unterricht implementieren können. Das Grundprinzip: Die Lehrenden bereiten die Einheit vor und unterstützen die Schüler/innen mit Phrasen und Vokabeln der jeweiligen Fremdsprache; die Schüler/innen erarbeiten in Paaren oder Gruppen aktiv das Wissen über ein Fachthema und verbessern so ihre Fremdsprachen-Skills.
Eine Word-Cloud kann zur Vorbereitung dienen, indem die Schüler/innen alle wichtigen Wörter zuerst im Online-Dictionary recherchieren. Ihnen soll bewusst sein, dass sie nicht jedes einzelne Wort verstehen müssen, sondern den Kontext erkennen sollen. Selbiges gilt auch für CLIL-Lehrkräfte, von denen nur wenige Sprachlehrer/innen sind.
Die Methode des Mind-Mapping könne helfen, ein Video oder einen Text mit englischen Phrasen zusammenzufassen. Stichwörter alleine würden später den Kontext nur schwer wiedergeben. Die Schüler/innen präsentieren das Ergebnis anschließend zwei bis drei anderen Schüler/innen, um neues Wissen auch zu festigen. So kommen alle mehrfach zu Wort.
Videos, Bilder und Quiz
Besonders empfehlenswert seien Video-Vorträge von TED-Talks. Denn sie lassen sich in der Länge filtern, garantieren hohe Qualität und enthalten ein Transkript des Vortrages. Nach dem individuellen Hören mit eigenen Kopfhörern sind offene Fragen, ein Quiz oder Wahr oder Falsch-Statements zu beantworten.
Auch Bilderrätsel und das Labeln von Fotos seien eine effektives Vokabeltraining als eine Vokabelliste, da man sich mehr an die Position des Wortes als an seine Bedeutung erinnere.
Am Ende einer Einheit können Schüler/innen ihr Expertenwissen beweisen, indem Sie ein Problem lösen, einen Rat geben oder Textpassagen der Gruppe mitteilen. Die Lehrenden können auch hier Phrasen bereitstellen wie „I would suggest doing“ oder „Another possibility would be to“. Außerdem könne eine CLIL-Lesson auch nur einen Teil einer Schulstunde dauern.
Digitale Tools für CLIL
Der Workshop „Apps and ICT Tools for CLIL“ der beiden Europass-Lehrenden Sheila Corwin und Robert Schwamborn zeigt Lehrenden, mit welchen digitalen Tools sie CLIL gerade im Online-Unterricht vermitteln können.
Interaktive Videos in englischer Sprache eignen sich besonders gut, die rezeptiven Skills des Lesens und Zuhörens zu überprüfen. Am Beispiel der „most userfriendly“ Online-Plattform Edpuzzle demonstriert Schwamborn ein interaktives Online-Video zum Kunstwerk der Mona Lisa.
Mit einem kostenlosen Account lassen sich Videos von YouTube oder TED-Talks bequem schneiden und mit Überprüfungsfragen nach Szenen ausstatten. Erst nachdem die Schüler/innen eine offene oder Multiple-Choice-Frage beantwortet haben, setzt das Video fort und stoppt bei der nächsten Frage. Die Lehrenden sehen in ihrem Account simultan die Auswertung, wer fertig ist, wie lange gebraucht wurde und wie viel Prozent richtig beantwortet wurden.
Interaktive Bilder und Videos
Ebenso anschaulich funktionieren die interaktiven Bilder von Thinglink. So wird etwa auf einem Foto einer Werkzeugkiste jedes einzelne Tool mit einem Tag versehen. Ein Klick auf die Markierung zeigt die Übersetzung in die Fremdsprache, eine Audiodatei vertont die korrekte Aussprache oder ein Link führt zum Wikipedia-Beitrag.
Um einen fremdsprachlichen Text zu strukturieren, empfiehlt Schwamborn die Online-Version von Microsoft Word und seinen „Plastischen Reader“ (engl. „Immersive Reader“). So lassen sich im Text diverse Wortarten farblich hervorheben, die Aussprache der Sätze anhören und mittels Diktierfunktion die korrekte Aussprache überprüfen. Denn erst bei richtiger Betonung erkennt die Software die Worte.
CLIL in Rechnungswesen und Controlling
Der Workshop „CLIL for Finance, Controlling and Marketing“ veranschaulicht, wie eine Fremdsprache die Wirtschaftsfächer auflockern kann.
Rudolf Gfoellner von der HAK Eferding zeigt durch diverse Excel-Beispiele, wie die englische Sprache auch das Rechnungswesen und das Controlling stützen kann. Für ihn sei es besonders sinnvoll, wenn die Schüler/innen schon im Unterricht englischsprachige SAP-Vokabeln erlernen. So gewöhnen sie sich bereits früh an ihre Bedeutung und können sie später in der Praxis anwenden. Außerdem würden manche Begriffe im Englischen ohnehin deutlicher als im Deutschen erklären, welche Funktion sie erfüllen.
Gerade in Rechnungswesen und Betriebswirtschaftslehre werde sehr viel bekannter Stoff mehrfach wiederholt. Die englische Sprache könne bereits Erlerntes noch stärker vertiefen. Auch Videos über den Cashflow in der Fremdsprache können abstrakte Zahlen und Fakten mitunter konkreter rüberbringen und seien eine gute Ergänzung zum traditionellen Unterricht. Seine Schüler/innen würden ihre Erkenntnisse aus dem Bilanzlesen auch in kurzen Podcasts in englischer Sprache zusammenfassen.
CLIL im Marketing
Barbara Schweighöfer von der Vienna Business School vermittelt ihren Schüler/innen Marketing mit englischsprachigen Case-Studies. Sie kombiniert Teile von bereits bestehenden Case Studies für Native Speaker (Infotext, Glossar, Fragen), vereinfacht diese aber noch im Sprachniveau und Komplexitätsgrad des Inhaltes für ihre Schüler/innen. So lernen diese auf Englisch, wie sie Produkte aus ihrer Übungsfirma an unterschiedliche Zielgruppen vermarkten, und verbinden auf diesem Wege Verkaufstraining mit Sprachenlernen.
Das Thema Marktforschung erklärt sie mit einer Ad-hoc-Umfrage zum Thema: What is the most popular flavor of ice-cream in the room? Dann überlegen die Teilnehmer/innen sich, wie man dieses Wissen von 800 Schülerinnen und Schülern abfragen kann.
Um sich die neuen Lernerfahrungen auch einzuprägen, empfiehlt sie am Ende einer Unterrichtseinheit, dass jede/r ein Papierflugzeug faltet, zwei neu gelernte Wörter draufschreibt und es jemand anderem weiterschickt. Die/der nächste Schüler/in erklärt die Wörter und ergänzt zwei weitere.
Wichtig sei, dass die Lehrkräfte den Schüler/innen, aber auch sich selbst jede Angst vor grammatikalischen Fehlern nehmen würden. Denn bei CLIL gehe es um das Reden und Zuhören.
Schulbücher für CLIL
Wer sich für das CLIL-Angebot der Schulbuchverlage interessiert, kann die virtuelle Expo noch bis zum 31. Dezember hier besuchen. Auch LERNENWILLMEHR! hat dort seine CLIL-Schulbücher präsentiert.
Und hier ein Auszug aus dem Schulbuch „CLIL – Content and Language Integrated Learning in Informatics“ von Lernenwillmehr! Hier der Link zum Katalog.
Hier geht’s zu den Abstracts aller Referentinnen und Referenten der CLIL-Konferenz.
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