Bildung und Beruf

Amnesty Academy: „Zivilcourage kann man lernen“

BMHS aktuell: Amnesty schärft mit Workshops das Bewusstsein für Menschenrechte in der Schule. Leiterin Gudrun Rabussay-Schwald erklärt die „Amnesty Academy“ und was man von Kasperl, Kaninchen und Rosa Parks lernen kann.

Florian Wörgötter - 5. Juni 2020

Wissen Sie im Detail, welche Menschenrechte Sie heute schon beansprucht haben? Die über Jahrhunderte erkämpften Freiheiten sind für viele so selbstverständlich geworden, dass sie in unseren Breiten erst hinterfragt werden, wenn sie verletzt werden. Um für Menschenrechte in der Schule zu sensibilisieren, bringt Amnesty International mit seiner „Amnesty Academy“ das Thema Menschenrechtsbildung in den Unterricht.

„Menschenrechte sind das Fundament unseres Zusammenlebens. Wir müssen unsere Rechte kennen, um sie auch einfordern zu können“, sagt Gudrun Rabussay-Schwald, Leiterin der Menschenrechtsbildung bei Amnesty International Österreich. Ein wichtiger Grundstein dafür werde bereits in jungen Jahren gelegt. Darum organisiert Amnesty International die „Amnesty Academy“ für Kinder und Jugendliche.

Gudrun Rabussay-Schwald, Leiterin der „Amnesty Academy“, spricht über Menschenrechte in der Schule.

Menschenrechte in der Schule

Die Non-Profit-Organisation beobachtet weltweit, ob Menschenrechte auch eingehalten werden. Werden diese verletzt – wie  durch die aktuelle Polizeigewalt in den USA  –, recherchiert Amnesty International die Fakten dahinter und macht in Kampagnen darauf aufmerksam.

Im Rahmen der „Amnesty Academy“ soll das Thema Menschenrechte auch in den Lehrplan und den Schulunterricht einfließen. Daher haben Pädagogen und Pädagoginnen, Schüler/innen, Experten und Expertinnen gemeinsam Workshops und Unterrichtsmaterialien entwickelt. Diese richten sich an Schüler/innen aller Schulstufen, aber auch an Lehrer/innen, die sich neue Methoden aneignen wollen.

„Schüler/innen sollen positiv und aktiv mit Menschenrechten umgehen, indem sie auch lernen, diese zu verbessern.“

„Letztes Jahr fand an jedem der 200 Schultage ein Amnesty-Workshop an einer österreichischen Schule statt“, meint Rabussay-Schwald und verweist auf den stetigen Ausbau des Kursangebotes seit dem Start im Jahr 2016.

Seit COVID-19 werden Workshops und Unterrichtsmaterialien auch online angeboten. Im Herbst sollen diese auch fürs Klassenzimmer ausgebaut werden.

Wissen, Fähigkeit, Haltung

Wie konkret lehrt man Schüler/innen ein Bewusstsein für Menschenrechte? „Unser Unterrichtsmaterial basiert auf dem „Menschenrechts-Bildungsdreieck“, erklärt Rabussay-Schwald den didaktischen Fokus. „Wir setzen aktionsorientiert auf die Lernebenen Wissen, Fähigkeit und Haltung.“

Die Schüler/innen sollen in der Lage sein, positiv und aktiv mit Menschenrechten umzugehen. Im Sinne des Empowerments sollen sie auch zur Verbesserung beitragen können. Das habe sich in den letzten Jahren bewährt, meint Rabussay-Schwald.

So erklären Kasperl und Kaninchen den Jüngsten in der Vor- und Volksschule, worum es bei Menschenrechten geht. Jugendliche lernen in interaktiven Übungen, ihre eigene Meinung zu vertreten und sich mit gegensätzlichen Ansichten auseinanderzusetzen. Genauso diskutieren sie die Errungenschaften von Malala Yousafzai und Rosa Parks und thematisieren Menschenrechtsverletzungen im eigenen Alltag.

Außerdem lernen sie, eigene blinde Flecken, Vorurteile und Stereotypen zu erkennen, etwa wenn sie vom Erscheinungsbild der Trainer/innen auf deren Eigenschaften, Hobbys und Lebensweise schließen sollen.

Menschenrechte für Lehrer/innen

Auch BHS-Lehrer/innen können sich in Workshops oder Webinaren der „Amnesty Academy“ fortbilden: Zum einen lernen sie Hintergrundwissen zu Menschenrechtsthemen, zum anderen Methoden zur lebensnahen Vermittlung von Menschenrechten.

„Wir wissen, Lehrer/innen sind gefordert, eine Vielfalt von Themen didaktisch aufbereiten zu müssen. Dabei möchten wir sie mit kostenfreien Materialien unterstützen, die sie direkt im Unterricht anwenden können“, sagt Rabussay-Schwald.

„Jugendliche erfahren von der Polizeigewalt in den USA aus den Medien. Umso wichtiger ist es, diese Themen auch im Klassenzimmer aus mehreren Perspektiven zu diskutieren.“

Die Themen sollen zunehmend aktueller werden, schließlich seien Menschenrechte auch tägliches Thema in Zeitungen. „Viele Jugendliche erfahren aus den Medien von der rassistischen Polizeigewalt in den USA oder den Protesten in Hongkong. Umso wichtiger ist es, diese Themen auch im Klassenzimmer aus mehreren Perspektiven zu diskutieren“, sagt Rabussay-Schwald.

Auch das Beurteilen von Informationsquellen sei eine wichtige Fertigkeit für die Schüler/innen „als Teil einer Gesellschaft, in der gleiche Chancen, Freiheit und Rechte für alle gelten“.

Lehrer/innen als Vorbilder

Ein Workshop sei ein empfehlenswerter Zugang zum Thema Menschenrechtsbildung. Viel wichtiger aber sei es, dass Menschenrechte im Unterricht ihren Platz finden und Lehrer/innen eine Vorbildfunktion einnehmen, meint Rabussay-Schwald. Die wichtigen Fragen: „Wie leite ich die Klasse an? Wie wahre ich die Menschenwürde aller? Wie reagiere ich auf das Klassenklima, Konflikte und Diskriminierungen?“

Abseits vom Unterricht unterstützt Amnesty International auch bei Projekten, die an Schulen stattfinden können. Zum Beispiel: Aktionen für den „Amnesty-Briefmarathon“, die „Woche der Menschenrechte“ im Burgenland oder der Anti-Rassismus-Lehrgang „Zivilcourage kann man lernen“.

Mehr Informationen zum Thema Menschenrechte in der Schule und dem Online- und Offline-Angebot der „Amnesty Academy“ hier.

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