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Der Film „Die Betroffenen“: Social Media als politische Protestform?

Digitale Grundbildung/Politische Bildung/Ethik: Im Rahmen der Kooperation mit Baobab stellen wir einen Film samt Unterrichtsmaterialien vor, der zur Diskussion von sozialen Medien als politische Protestform anregen soll.

Baobab, Julia Deitermann/Helena Papadopoulos - 23. März 2023

Baobab bietet als pädagogische Fachbibliothek Bildungsmaterialien über globale Zusammenhänge, soziale Gerechtigkeit, Diversität und nachhaltige Entwicklung an, unter anderem Filme mit didaktischem Begleitmaterial zum kostenlosen Download für den Unterricht. Wir haben bereits ausführlich über die Arbeit des Vereins berichtet.

Die Filme können mit einer gültigen Jahreskarte oder einem gültigen Medienpass für die C3-Bibliothek oder die Südwind-Bibliotheken über den Bibliothekskatalog gestreamt werden. Lehrpersonen können die Filme per Link oder QR-Code mit ihren Schülerinnen und Schülern teilen, sodass die Schüler/innen die Filme auf ihren eigenen Geräten streamen können. Diese Funktion ist für die Arbeit mit den Filmen im Rahmen des Unterrichts in Österreich gestattet.

In diesem WissenPlus-Beitrag stellen wir das Unterrichtsmaterial und Ideen zur Stundengestaltung mit drei unterschiedlichen Unterrichtsimpulsen zum Film „Die Betroffenen“ vor. Der Film aus dem Jahr 2020 beruht auf einer wahren Begebenheit im Jahr 2018. Eine schwedische Studentin filmte sich in einem Flugzeug während ihres Protests gegen die reale Abschiebung eines 52-jährigen Afghanen, streamte das Ganze live auf Facebook und stoppte mit dieser Aktion die Abschiebung in diesem Flugzeug.

Anhand dieses Films lassen sich Social Media als politische Protestform und das Internet als Katalysator für demokratische Prozesse kritisch analysieren. Der Beitrag samt dem 13-minütigen Film eignet sich für eine Lehrstunde in Digitale Grundbildung (Sekundarstufe I, 7./8. Schulstufe), Politische Bildung sowie Ethik. Digitale Grundbildung wurde mit dem Schuljahr 2022/23 an Mittelschulen und AHS-Unterstufen als Pflichtgegenstand eingeführt.

Auszug aus dem Beitrag zum Film „Die Betroffenen“

Der Kurzfilm zeigt die Auseinandersetzung von Flugzeugcrew und Passagieren/Passagierinnen mit einer ungewöhnlichen Situation. Kurz bevor das Flugzeug Richtung Londoner Flughafen abheben will, weigert sich eine Passagierin, ihren Platz einzunehmen. Sie will die Abschiebung eines Mannes nach Afghanistan verhindern. Die Anwesenden im Flugzeug werden aus ihrer Routine gerissen und sind plötzlich damit konfrontiert, Position zu beziehen. Der Film regt an, die eigenen moralischen Urteile zu hinterfragen und nimmt auch Social Media als Artikulationsform von Protest kritisch unter die Lupe.

Hoelzel Journal | Digitale Grundbildung | Kooperation Baobab | Die Betroffenen | Filmstill | Pilot

Abb. 1: Still aus dem Film „Die Betroffenen“

Der Film spielt ausschließlich im Inneren des Flugzeugs. Die Kamera springt zwischen dem Cockpit, in dem Pilot und Co-Pilot eine Entscheidung über den Umgang mit der Situation treffen müssen, und dem Passagierbereich. Hier finden sich Charaktere verschiedenster Milieus wieder. Vom Geschäftsmann, über ein junges Pärchen, einen Vater mit Sohn etc. Im Gegensatz zum Alltag außerhalb des Flugzeugs können die Personen den in dieser Situation aufkommenden Themen und Fragen nicht ausweichen. So zeigen sich im Flugzeug verschiedenste Sichtweisen auf das Verhalten der Aktivistin und der Mitreisenden, die auch Erklärungen und Rechtfertigungen für das eigene Verhalten abgeben.

„Die Betroffenen“ zwingt die Zusehenden, sich mit ihrer eigenen Haltung zu beschäftigen. Unweigerlich stellt man sich die Frage „Wie würde ich handeln?“. Der Film regt an, die eigenen moralischen Urteile zu hinterfragen und sich mit neuen Perspektiven auseinanderzusetzen.

Impuls 1 für Sekundarstufe I und II

  • Vorbereitender Beobachtungsauftrag
  • Video sehen und über den Ausgang mutmaßen
  • Themensammlung
  • Positionierung

Vorbereitender Beobachtungsauftrag

Bevor der Film gesehen wird, werden erste Assoziationen zur Thematik hergestellt. Dazu wird im Klassenzimmer oder auf dem Gang ein langes Stück Klebestreifen auf den Boden geklebt. Nun trifft die Lehrperson kontroverse Aussagen zum Thema. Das eine Ende des Streifens bedeutet volle Zustimmung, das andere Ende bedeutet keine Zustimmung. Die Schüler/innen stellen sich je nach persönlicher Einstellung auf dem Streifen auf. Die Lehrperson kann nun einzelne Schüler/innen ansprechen und sie bitten, zu ihrem Standpunkt Stellung zu beziehen.

Video sehen und über den Film mutmaßen (20 Minuten inkl. Film)

Die Schüler/innen sehen das Video bis Minute 10:28. (In dieser Szene diskutieren die Piloten im Cockpit. Plötzlich klopft es und jemand kommt herein. Es ist nicht zu erkennen, wer diese Person ist. Der Pilot fragt: „Wer zur Hölle bist du?“)

Die Lehrkraft unterbricht die Videowiedergabe und stellt an die Schüler/innen folgende Frage:

  • Was vermutet ihr, wie diese Szene weitergehen könnte? Wer hat wohl das Cockpit betreten und was will diese Person? Wie reagieren die beiden Piloten auf die Person?

Die Schüler/innen mutmaßen im Gespräch mit ihren Sitznachbarinnen und Sitznachbarn, wie die Szene weitergehen könnte. Danach wird gemeinsam das Ende des Kurzfilms gesehen. Im Anschluss können die Schüler/innen kurz durch Handzeichen angeben, wer mit den Mutmaßungen zum Ausgang des Films richtiglag.

Themensammlung (10 Minuten)

Die Gruppe sammelt gemeinsam Themen, die im Film angeschnitten werden. Bei kleiner Klassenstärke gehen die Schüler/innen selbstständig zur Tafel und notieren Schlagwörter. In größeren Gruppen wird ein/e Schüler/in ausgewählt, der/die an der Tafel die Schlagwörter nach Zuruf durch die Gruppe notiert.

Informationen für die Lehrkraft:

Mögliche Themen, die durch die Schüler/innen gesammelt werden, sind: Abschiebungen, Politik, CO2-Kompensation, Wahlen/Demokratie, Normen, Proteste, Menschenrechte, Krieg etc.

Die Lehrkraft lässt die Schüler/innen selbstständig sammeln, kann jedoch moderierend eingreifen und beispielsweise bei der konkreten Formulierung unterstützen (z.B. „Um welche Rechte geht es hier konkret?“) und unklare Begriffe erklären.

Optional kann die Themensammlung auch online erfolgen, z.B. per Word Cloud auf https://www.mentimeter.com/features/word-cloud. Es wird ein PC mit Internetzugang und Beamer sowie die Smartphones der Schüler/innen benötigt.

Positionierung (20 Minuten)

Die Schüler/innen gehen in ihren Kleingruppen, die in Schritt 0 gebildet wurden, zusammen. Sie bringen ihr Szenenbild mit und erhalten den Arbeitsauftrag. (Kopiervorlage 1B)

Die Schüler/innen erhalten in der Kleingruppe folgende Aufgabe:

  • Welche Position/en hat/haben die abgebildete/n Person/en im Film bezüglich des Protests der Aktivistin gegen die Abschiebung eingenommen?
  • Könnt ihr euch mit der Person identifizieren? Warum bzw. warum nicht?
  • Bereitet ein kurzes Statement vor, das mit den Worten beginnt: „Wir können uns gut/nicht mit der Position von XY identifizieren, weil …“.

Im Anschluss teilt jede Kleingruppe ihre Gedanken zur jeweiligen Position der Personen im Plenum.

Informationen für die Lehrkraft:

  • Pilot: Er steht für eine pragmatische Betrachtung der Situation: er fühlt sich verantwortlich, den Flugplan einzuhalten und bezieht die Position, dass seine Verantwortung begrenzt ist, im Sinne von: „Wir können nicht jede Ungerechtigkeit der Welt berücksichtigen“.
  • Vater/Sohn: Er verweist auf Wahlen als Form der politischen Meinungsäußerung.
  • Mann mit Kopfhörer: Er fühlt sich von der Situation nicht betroffen, verhält sich distanziert und verschläft die Diskussionen. Dennoch klatscht er, als die Abschiebung abgebrochen wird.
  • Frau mit Band im Haar/Sitznachbar: Die Frau drückt ihre Betroffenheit aus, der Sitznachbar relativiert die Situation in Afghanistan; in Kabul gebe es keine Kampfhandlungen.
  • Co-Pilot: Ihm ist das Bild nach außen wichtig; die Öffentlichkeit soll über Social Media einen guten Eindruck haben, die Firma soll im guten Licht stehen. Er zeigt keine klare Haltung.
  • Junges Paar: Sie betrachten das Ereignis aus Distanz, fühlen sich nicht direkt davon betroffen und beschäftigen sich schnell wieder mit ihren alltäglichen Themen.
  • Flugbegleiterin: Sie verlangt vom Piloten, seiner Position gerecht zu werden und selbst mit der Aktivistin zu sprechen, statt sich aus der Diskussion herauszuziehen.
  • Geschäftsmänner: Sie beschäftigen sich nicht inhaltlich mit der Situation, verlangen aber, mit einem Upgrade in die Business Class für die Verspätung entschädigt zu werden.

 

Gesamter Beitrag für den Unterricht

Den gesamten Beitrag zum Download finden Sie als angemeldete Lehrperson im Online-Lehrerzimmer unter WissenPlus.

 

Ein Blick in unsere Bücher

Digitale Grundbildung leicht gemacht – mit „Connected World“. Das bewährte Konzept wurde für die Anforderungen des neuen Lehrplans ab dem Schuljahr 2023/2024 neu umgesetzt. Kein „Umgewöhnen“ für Sie: Alle Seiten der beiden bisherigen Arbeitshefte konnten in die neuen Werke übernommen werden. Außerdem entspricht der sogenannte Übergangslehrplan inhaltlich dem neuen Lehrplan, wodurch Ihnen bereits jetzt für alle vier Schulstufen neue „Connected World“-Bücher zur Verfügung stehen. Ergänzend wird es nach dem Sommer auch Lösungshefte und weiterführende Lehrer/innen-Materialien geben.

 

Hoelzel Journal | Hoelzel Verlag | Connected World 4

Abb. 2: Connected Word 4, Kapitel 1: Ist das Internet demokratisch?

 

Hoelzel Journal | Hoelzel Verlag | Connected World 4

Abb. 3: Connected Word 4, Kapitel 1: Kommunizieren und darstellen

Schulbuchbezug

Digitale Grundbildung Sekundarstufe I

Politische Bildung

Ethik

 

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