Schwerpunkt: Vertrauen

Volle Aufmerksamkeit, bitte

Vertrauen ist gut, aber etwas Misstrauen ist durchaus erlaubt. Auch gegenüber uns selbst, wenn es um unseren Umgang mit Smartphone & Co geht.

Von Stefan Schlögl - 27. Juni 2018

 

Vieles von dem, was uns auf unseren Smartphones tagtäglich in die Hand gegeben wird, kann uns tatsächlich helfen unser Leben, unseren Beruf einfacher zu gestalten. Doch die Apps und Tools, die wir oft ganz beiläufig verwenden, sind nicht nur praktisch, sie fordern auch ein wertvolles Gut ein: Aufmerksamkeit. Und das oft mit fatalen Folgen.

Hier einige Denkanstöße, die uns daran erinnern sollen, auch auf das echte Leben nicht zu vergessen.

Über 500 Millionen Mal wurde das Smartphone-Game Pokémon GO in den ersten 60 Tagen nach Erscheinen heruntergeladen. Der Hype um das virtuelle Fangspiel hielt, so schien es, im Jahr 2016 die ganze Welt in seinem Bann.

Fangspiel mit Folgen

Ende 2017 präsentierten zwei US-Ökonomen eine Verkehrsunfall-Studie, in der sie die durch abgelenkte Pokémon GO-Spieler ausgelösten Folgekosten erhoben.

Ausgehend von ihrer Feldstudie errechneten die Autoren anhand unterschiedlicher Parameter den volkswirtschaftlichen Schaden für die gesamten USA: zwischen 2 und 7,3 Milliarden US-Dollar. Summen, die den Studienautoren zufolge vor allem auf das Konto von Unfällen, Beschädigungen und zusätzliche Polizei- und Rettungseinsätze ging.

Einfaches Aufpassen wieder gefragt

Gestiegen ist auch die Zahl der Spielplatzunfälle in Österreich. Doch die Ursachen sind nicht gefährlichere Geräte oder tollpatschigere Kinder, sondern abgelenkte Aufsichtspersonen. Das geht aus einer Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) aus dem Jahr 2016 hervor.

Mit Abstand am häufigsten, das zeigte die Beobachtung von 400 Erwachsenen mit Kindern, waren die Aufsichtspersonen durch Internetsurfen am Mobiltelefon abgelenkt. Ein Paradoxon: Zwar kümmern sich Eltern angeblich immer intensiver um ihre Schutzbefohlenen – was nicht zuletzt an der hohen morgendlichen SUV-Dichte auf Österreichs Schulzufahrten abzulesen ist –, lassen sich aber gleichzeitig allzu gerne von ihrer Aufsichtsaufgabe ablenken.

Ablenkung verdrängt Alkohol

Apropos Verkehrsgeschehen: Lange ging in diesem Bereich die Zahl der Unfälle zurück, was nicht zuletzt der Sicherheitstechnik neuester Generation geschuldet ist.

Doch in den vergangenen Jahren stieg sie erstaunlicherweise wieder an. Das belegt eine aktuelle Studie des  KFV. Mittlerweile geht den Erkenntnissen zufolge jeder dritte Verkehrsunfall im Land auf das Konto eines abgelenkten Fahrers. Ein Anstieg um 30 Prozent gegenüber 2013.

 

„Ablenkung und Unaufmerksamkeit“ haben Alkohol als Unfallursache Nummer eins abgelöst. Nachzusehen etwa auf den Straßenübergängen dieses Landes. Foto: Shutterstock

 

Damit ist Ablenkung mittlerweile die Unfallursache Nummer eins und hat den ewigen Spitzenreiter „Alkoholeinfluss“ verdrängt. 13.000 Unfälle mit Personenschaden und 110 Todesopfer im Jahr fallen mittlerweile in die Kategorie „Ablenkung und Unaufmerksamkeit“.

Wer tippt, verliert

Zwar gibt es in den Statistiken keine eigene Kategorie für „Ablenkung durch Smartphone“, doch aus Befragungen von Verkehrsteilnehmern geht hervor, dass etwa bei den Unter-24-Jährigen jeder Zweite hinterm Lenkrad telefoniert, Textmeldungen schreibt oder soziale Medien nutzt und folglich vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird. Beides, das sei an dieser Stelle vermerkt, ist in Österreich verboten und strafbar.

Das Telefonieren während der Fahrt ist im Vergleich zum „Texting“ am Smartphone übrigens mit einer deutlich geringeren Gefahr verbunden, einen Verkehrsunfall auszulösen. Beim Telefonieren steigt das entsprechende statistische Risiko um das 5-Fache. Beim Tippen am Smartphone jedoch um nichts weniger als das 23-Fache.

Ein Befund, von dem übrigens nicht nur Autofahrer betroffen sind. Ein Drittel aller Fußgänger lässt sich der KFV-Studie zufolge während des Überquerens einer Straße vom Smartphone ablenken. Hier hilft keine Knautschzone, kein Airbag und kein Sicherheitsgurt, wenn’s kracht. Es gibt also ein paar gute Gründe, der realen Welt wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

 

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Ein Beitrag aus dem Was jetzt-Magazin, Ausgabe 1/18

 

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