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Berufsbildung in Kroatien: Lernen von den Besten

Junge Kroaten zieht es ins Ausland. Um die Schülerinnen und Schüler weiter an die Heimat zu binden, setzt das Land auf einen verstärkten internationalen Schüleraustausch.

Von Manuela Tomic - 7. November 2018

 

Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Kroatiens. In den vergangenen Jahren hat der südliche Nachbar Rekord-Gästezahlen vermeldet.

Ein Boom, der nicht zuletzt einen massiven Arbeitskräftemangel in der Schlüsselbranche des 4-Millionen-Einwohner-Landes zur Folge hat. Es fehlt an qualifizierten Arbeitern in Gastronomie und Hotellerie, aber auch an Reinigungskräften.

Junge Kroaten wandern aus

Nicht zuletzt aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit von 27 Prozent suchten junge Kroaten in den vergangenen Jahren ihr Glück vor allem Österreich oder Deutschland. An diesen beiden Ländern orientiert sich das kroatische Bildungssystem mittlerweile auch bei der Qualifizierung und beruflichen Ausbildung und erzielt damit bereits spürbare Erfolge – auch was das Verringern der Jugendarbeitslosigkeit betrifft.

 

Das Alleinstellungsmerkmal

Schüleraustausch heißt das Schlagwort in der kroatischen Berufsbildung. Das Land hat aus der Not eine Tugend gemacht und verbindet nun, im Rahmen des Programms „kulturweit“, das von der UNESCO und dem Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland entwickelt wurde, deutsche mit kroatischen Schülern.

Dazu gibt es eine Art Austauschprogramm, bei dem jedes Jahr Volontäre aus Deutschland nach Kroatien kommen und kroatische Schüler im Norden Einblick in die jeweilige Ausbildung erhalten.

Sprachzertifikate und Partnerschulen 

Parallel dazu bieten etliche Berufsschulen die Möglichkeit, neben der fachspezifischen Ausbildung auch ein Zertifikat in Deutsch (A1, A2 und B1) zu belegen.

Ebenso gibt es im Rahmen des Programms deutsche Partnerschulen, deren Verbindung auch über den Schüleraustausch hinaus geht. Kroatische berufsbildende Schulen finden sich vermehrt auch als Mitglieder auf dem internationalen Schulpartnerschafts-Netzwerk „PASCH“.

Von Nachbarn lernen

Mit den Sprachangeboten, vor allem in Deutsch, wird die inhaltliche Anpassung an die Berufsausbildung in Österreich und Deutschland weiter vorangetrieben. Kroatische berufsbildende Schulen haben erkannt, dass sie ihren eigenen Schülern vor allem im internationalen Bereich etwas bieten müssen, um sie im Land zu halten.

 

Das Schulsystem

Die Schulpflicht in Kroatien beträgt elf Jahre und ist damit länger als in Österreich. Nach der Grundschule müssen die Schüler eine weiterführende Sekundarstufe II besuchen. Hier kann man zwischen drei Schultypen wählen.

Neben dem Gymnasium stehen die berufsbildenden Schulen sowie die duale Berufsausbildung zur Auswahl. Bei den Berufsbildenden wird zwischen den vierjährigen Technikschulen, den dreijährigen Schulen für Industrie und Handel oder vierjährigen Kunstschulen unterschieden. Am Ende der Ausbildung steht jeweils eine Abschlussarbeit.

Lehre oder Hochschule

Wer einen tertiären Bildungsweg einschlagen möchte, hat dann ebenso die Möglichkeit, zu einer Zentralmatura anzutreten, da diese für den Hochschulsektor eine Voraussetzung ist.

Das Hochschulsystem besteht dabei wie in Österreich aus einem Bachelor- und einem Master-Studium. Dabei können Studierende zwischen unterschiedlichen Studiengängen wie Ingenieurswissenschaften, Naturwissenschaften, Agrar- und Forstwissenschaften oder etwa Medizin wählen.

Entscheidet man sich für den dualen Bildungsweg, lernt man, ähnlich wie etwa in Österreich, als Auszubildender drei Jahre im Betrieb und durchläuft parallel eine schulische Ausbildung. Am Ende schließt der Lehrling mit einer Gesellenprüfung ab.

 

Der Experten-Check

Bildungsexperte Martin Stieger von der Allensbach Hochschule in Deutschland sieht trotz der Bemühungen in den vergangenen Jahren noch Verbesserungsbedarf: „Kroatien liegt laut PISA-Studie in den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Lesekompetenz schlechter als der OECD-Schnitt.“

In den Naturwissenschaften habe sich das Niveau in den letzten Jahren sogar noch verschlechtert, in Mathematik ist es gleich geblieben, nur die Lesekompetenz habe etwas zugenommen, sagt Stieger.

Noch viel zu tun

Bei der dualen Ausbildung orientiere sich Kroatien vor allem aus einem Grund an Ländern wie Österreich und Deutschland: „Ziel war es dabei, die Abwanderung und die Jugendarbeitslosigkeit zu reduzieren.“

Jeder vierte Jugendliche sei in Kroatien arbeitslos. So gesehen gebe es noch viel zu tun, um die Qualität und Attraktivität der Berufsausbildung im eigenen Land weiter zu erhöhen, erklärt der Experte.

 

Das sagt Orhideja Petković

Die Pädagogin ist Direktorin an der Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula. „In Kroatien haben wir zwar eine niedrige Drop-out-Rate in den berufsbildenden Schulen“, erklärt Petković, „das liegt aber vor allem daran, dass wir so wenige Schüler haben, die sich für diese Zweige interessieren.“

Immer noch würden sich mehr Schülerinnen und Schüler für das Gymnasium und ein Studium entscheiden, auch wenn ihnen danach nur wenige Jobchancen bleiben, sagt die Direktorin.

„Wir müssen die Berufsausbildung in erster Linie wieder attraktiver gestalten.“ Dazu werden in Kroatien laufend Kompetenzzentren eingerichtet, die als eine Art Dreieck Wirtschaft, Ausbildung und Arbeitsmarkt miteinander verbinden sollen.

Zusätzliches Praxiswissen

Diese Kompetenzzentren, in denen nicht nur Schüler, sondern auch das Lehrer zusätzliches Praxiswissen erwerben, sind an die deutschen Überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) angelehnt. Damit wird auf die zunehmende Spezialisierung kleiner und mittelständischer Unternehmen reagiert.

Für Petković sind diese Zentren ein wichtiges Element, um die Berufsausbildung in Kroatien effizienter und vor allem wieder attraktiv zu machen.

 

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Ein Beitrag aus der Was jetzt-Redaktion.

 

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