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ZARA-Expertin über Hass im Netz: „Menschenrechte gelten auch im Internet“

Hatespeech und Cybermobbing sind Themen, die längst auch die Schulen erfasst haben. Was kann man dagegen präventiv tun? Bianca Schönberger vom Verein ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit), der auch Workshops für Schulklassen anbietet, weiß es.

Von Florian Bayer - 26. Februar 2020

 

Frau Schönberger, wird der Hass im Netz größer? 

Das Thema ist ungebrochen groß. Wir bieten seit 2013 Workshops über digitale Zivilcourage an, seit 2016 auch unsere Beratungsstelle auf der ZARA-Website.

Das Bewusstsein wird zum Glück langsam größer. Wir wollen Kinder und Jugendliche aller Schultypen und schon ab dem späten Volksschulalter sensibilisieren, sodass es im besten Fall gar nicht erst zu Mobbing kommt.

 

Bianca Schönberger, Geschäftsführerin von ZARA Training. Foto: ZARA/Johannes Zinner

 

Mit welchen Problemfeldern beschäftigen Sie am häufigsten?

In den sozialen Medien kommt es häufig zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, dass etwa gegen bestimmte Gruppen gehetzt wird – aufgrund der Hautfarbe, des Geschlechts, der Religion usw. Zum Cybermobbing zählt etwa, dass Gerüchte verbreitet oder Fotos privater Natur weitergegeben werden, etwa vom Ex-Freund.

 

Wie lassen sich diese Konflikte klären?

Eine Untersuchung der Universität Wien (Zivilcourage 2.0) zeigt, dass Online-Konflikte zwischen Bekannten oft offline geklärt werden können. Diesen Ansatz verfolgen auch wir, also dass es zu Gesprächen und Aussprachen kommt, möglichst ohne dass hundert andere in der Chatgruppe mitlesen können.

Bei anonymem Hass empfiehlt es sich, die Beiträge auf der jeweiligen Plattform, etwa Facebook, zu melden.

Neben unseren Workshops bieten wir bei ZARA  auch eine Melde- und Beratungsstelle an, an die man sich vertrauensvoll wenden kann. Unser Beratungsteam schaut sich den konkreten Fall an.

 

Welche Handlungsoptionen gibt es über das Melden hinaus?  

Das reicht von der Möglichkeit der Gegenrede bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen, die zwar das letzte Mittel, aber effektiv sind.

Denn die Menschenrechte gelten im Internet genauso wie offline. Oft heißt es, im Rahmen der Meinungsfreiheit sei alles erlaubt, doch das stimmt nicht, sie muss immer mit der Menschenwürde abgewogen worden.

Auch wenn es oft so aussieht: Mobbing-Betroffene sind nicht allein. Und es gibt Hilfe. Foto: pixabay/terimakasih0.

 

Was können Mitschülerinnen und Mitschüler tun, wenn sie Zeugen werden?

Wichtig ist, dass Mitlesende das nicht schweigend hinnehmen, sondern dagegen aufstehen und sagen: Ich bin da anderer Meinung. Das ist sehr wichtig für Betroffene, um zu sehen: Sie sind nicht allein.

 

Wie können Lehrinnen und Lehrer das Thema behandeln?

Ganz wichtig ist die Bewusstseinsbildung. Es geht um Fragen der Zivilcourage: Wie entstehen Vorurteile? Welche Bilder zu bestimmten Gruppen hat man selbst im Kopf, und woher kommen sie?

Wichtig ist Prävention, denn wenn es zu Mobbing kommt, sind die Kränkungen schon passiert, dann kann man nur mehr Schadensbegrenzung betreiben.

Natürlich sind auch die Erwachsenen in der Pflicht, denn Cybermobbing gibt es in allen Altersgruppen. Deswegen ist es aber auch so wichtig, schon heute bei den Jungen anzusetzen.

 

Haben Sie den Eindruck, dass in den Schulen genug darüber gesprochen wird?

Oft geht die Initiative von den Klassenvorständen zu Beginn des Schuljahrs aus: Wie gehen wir miteinander um, wie verhalten wir uns in der Klassengemeinschaft? Da sollte auch der digitale Bereich angesprochen werden.

In den Lehrplänen ist „digitale Erziehung“ ja schon vorgesehen, wichtig ist, dass das tatsächlich auch gemacht wird. In welchem Fach das passiert, ist nicht so wichtig.

 

Gibt es da noch Defizite an den Schulen?

Da gibt es große Unterschiede – manche Schulen machen das seit Jahren intensiv, andere noch immer nicht. Unsere Erfahrungen zeigen aber: Der Bedarf ist auf jeden Fall da.

Wir haben eine große Nachfrage nach unseren Workshops, die wir leider gar nicht vollends erfüllen können. Hier ist auch die Politik gefordert. Das Thema Hatespeech wird uns auch weiterhin begleiten, einzig die Plattformen ändern sich.

 

 

 ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit bietet Workshops für Klassen aller Schultypen in ganz Österreich an. Nähere Infos zu den Trainings unter zara.or.at/de/training.

 

 

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Ein Beitrag aus der Was jetzt-Redaktion. 

 

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