HÖLZEL VERLAG

Inside MANZ: Ein Design für alle Universalartisten

Christian Bretter, Ardirector bei MANZ Verlag Schulbuch, über gutes Design von Lehrbüchern – und was Pinsel und Faustkeil gemeinsam haben.

Von Christian Bretter, buero8, Artdirector MANZ Verlag Schulbuch - 20. Juni 2018

 

Als ich Anfang 2017 als Artdirector für den MANZ Verlag Schulbuch engagiert wurde, habe ich mir gemeinsam mit der Geschäftsführung und dem gesamten MANZ Team die Frage gestellt: Was ist eigentlich gutes Schulbuch-Design?

Lassen Sie mich mit zwei Zitaten von gegenwärtigen Philosophen beginnen und damit eine Leinwand aufspannen, auf der wir gemeinsam Schritt für Schritt das Bild von gelungenem Lernmedien-Design zeichnen:

 

„Gute Lehrer sind Artisten im Sozialen; sie sind Darstellungs- und Vermittlungskünstler. Und ein guter Unterricht ist ein Kunststück, das jeder Lehrer gemeinsam mit seinen Schülern versuchen sollte zu schaffen.“

Richard David Precht in „Anna, die Schule und der liebe Gott“, 2013

 

„Der Designer gibt dem modernen Menschen jenes Zeug zur Hand, das es ihm erlaubt, in der andauernden Kompetenzsteigerungsspirale eine gute Figur zur bewahren.“

Peter Sloterdijk, in „Der Welt über die Straße helfen“, 2010

 

Die aufwertende Benennung der Lehrpersonen als Sozial-, Darstellungs- und Vermittlungsartisten ist schön und nötig. Sie beschreibt einfach und klar, worum es geht: einer heterogenen sozialen Gruppe eine neue Sache so darzustellen, dass die einzelnen Mitglieder dieser Gruppe Interesse entwickeln, mit dieser neuen Sache zu arbeiten und sie darüber hinaus noch Sinn darin erkennen können.

Dieser lehrende Universalartist benötigt einen Werkzeugkasten gefüllt mit vielen Fähigkeiten: mit faktischem Wissen, didaktischen Techniken aber auch mit Virtuosität im Umgang mit dem Intuitiven und Kontemplativen.

 

„Gelungenes Schulbuch-Design ist eine unabdingbare Ergänzung für den Werkzeugkasten der Lehrperson als Universalartist.“ MANZ-Artdirector Christian Bretter nah dran an der Kunst, also in seinem Element. Foto: Jörg Auzinger

 

Im zweiten Zitat geht es um den Faustkeil des Jetzt. Der Begriff Industrie wird mit fortschreitender Digitalisierung immer wieder als Industrie 4.0 bezeichnet. Mit welcher Generation von Faustkeil arbeiten wir gegenwärtig, wie viele Stellen hat diese Nummer wohl?

Auf jeden Fall benötigen wir scharfe Gedanken, die uns das Vorwärtskommen in einer liquiden und chaotischen gegenwärtigen Welt sichern. Design kann das leisten. Design kann Dinge, Techniken und Methoden entwickeln, die uns hilfreich sind, die Herausforderungen einer Kultur, die sich seit Jahrhunderten beschleunigt, zu meistern.

Unabdingbare Ergänzung

Gelungenes Schulbuch-Design ist eine unabdingbare Ergänzung für den Werkzeugkasten der Lehrperson als Universalartist. Es ist so etwas wie ein Zauberstab, mit dem das Unterrichten auf einem komplexen und komplizierten Gelände, wie unsere heutige Kultur und Gesellschaft es ist, ohne Abstürze machbar ist.

Gutes Schulbuch-Design bringt Lernmedien hervor, die konstruktiv dazu beitragen, sowohl den gemeinsamen Unterricht als auch das individuelle Lernen gelingen zu lassen.

Zeichnen wir nun Schritt für Schritt das Bild vom gelungen Schulbuch-Design anhand der M-BOOKs auf unserer zuvor aufgespannten Leinwand:

 

  1. Es gibt ein Ding zum Angreifen und In-der-Hand-Halten.
  2. Zwischen dem Ding und dem User entsteht eine Beziehung – egal, ob das Schulbuch ein klassisches gedrucktes Buch, ein Magazin, ein Smartphone, ein Tablet, ein … ist.
  3. Diese Beziehung zwischen Lernmedium und User kann Qualitäten wie jede andere Beziehung entwickeln.
  4. Bilder sind der zentrale Faktor im Bauchladen der Beziehungsangebote.
  5. Der erste Eindruck entscheidet: Die Ästhetik von Bildern und Farbe ist im Stande, binnen Sekundenbruchteilen attraktive Atmosphären aufzubauen.
  6. Atmosphären, in denen wir uns wohlfühlen, sind die Grundvoraussetzung, um einen Zustand von Sicherheit und Vertrauen als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen herzustellen.

 

Wir sind noch bei den ersten Sekundenbruchteilen, beim ersten Eindruck und stellen fest: Das Bild, quasi das Gesicht des Lernmediums, ist zentral ausschlaggebend, ob das Medium als attraktiv empfunden wird oder nicht.

Jetzt tritt die Redaktion auf die Bühne und das Zusammenspiel von Text und Bild beginnt. Intelligente Bildtexte sind Anker, welche die erste, durch das Bild erweckte Aufmerksamkeit auf den Inhalt lenken.

Längere Texte werden durch gekonnten Einsatz von klassischem Typografiehandwerk strukturiert und gegliedert. Komplexe Inhalte werden in Form von einfach lesbaren Infografiken zusammenfassend, klar und verständlich dargestellt.

Hier nun einige Anschauungsbeispiele aus aktuellen MANZ-Schulbuchtiteln:

 

Nicht nur Fotografie ist im Stande attraktive Atmosphären zu kreieren. Hier am Beispiel der Aufmacherillustration von Andreas Leitner für den MANZ-Titel Mathematik, Kapitel Grundrechnungsarten.

 

Inhalte ansprechend und übersichtlich aufbereitet: Ein Beispiel aus dem Lehrbuch für Naturwissenschaften.

 

Wieder Naturwissenschaften: Es geht um Chemie, Energie und Materie. Aufgemacht wird die Lerneinheit mit einer dynamischen journalistischen Fotografie von Gerhard Wasserbauer, die ein angesagtes österreichisches Lokal zeigt.

 

Am Beispiel Englisch: Links ein bewusst nüchtern gehaltenes „Trainingsblatt“, rechts der Aufmacher mit dem angesagten Modedesigner Jeremy Scott samt Impressionen aus seiner Heimat, dem Mittleren Westen der USA.

 

Lassen Sie uns den Pinsel nun auf die Seite legen. Was sehen wir auf unserer Leinwand? Wir sehen, dass der beste Inhalt ohne attraktives Design nie und nimmer aus eigener Kraft das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler gewinnen wird.

Wer macht Schulbücher, die mich verstehen? MANZ versucht es – für die Schülerinnen und Schüler. Und für alle „Artisten im Sozialen, Darstellungs- und Vermittlungskünstler“. Kurzum: alle Lehrerinnen und Lehrer. 

 

ZUR PERSON
Christian Bretter ist Artdirector, Mitarbeiter der Wiener Agentur buero8 und Bildhauer, besuchte die Bundeslehranstalt für künstlerische Gestaltung in Graz und studiert an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

 

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