HÖLZEL VERLAG

Inside MANZ: Bloß ein Fingerzeig

Aaziz Lahrouchi ist bei MANZ Verlag Schulbuch jenes Multi-Talent, das ein gutes Unternehmen einfach braucht. Auch im Leben war der Universalist in ihm gefordert.

Porträt: Stefan Schlögl - 26. Juni 2019

 

Rückblickend könnte man durchaus von einem Erweckungserlebnis reden, das Aaziz Lahrouchi damals ereilte.

Der 15-jährige Marokkaner war gerade an einem Lycée 
in Casablanca aufgenommen worden, als der Schuldirektor in die Klasse kam und wahllos auf ein paar Schüler zeigte, um mit ihnen den eher mäßig besuchten Deutsch-Unterricht aufzufüllen.

Aaziz war einer von den Zwangsrekrutierten. „So war das halt damals, da konnte man nichts machen“, sagt der 45-Jährige und zuckt mit den Schultern, während sich in seinem Gesicht ein Lächeln entfaltet. „Tatsächlich jedoch war das ein riesiges Glück. Die Sprache hat mir richtig gut gefallen.“

 

Aaziz Lahrouchi hatte viele Jobs. Und hat jetzt viele Jobs. Was Universalisten eben so machen. Foto: Christopher Mavric

 

Geboren in Agadir, der 
alten Handelsstadt am Ufer des Atlantiks, aufgewachsen 
in Casablanca, sein Vater war Französisch-Lehrer, die Mutter Hausfrau, vier Schwestern hat Lahrouchi, was vielleicht sein ruhiges, ausgeglichenes Wesen zu erklären vermag.

Nach der Volksschule gings für den Buben aufs Collège, danach in die Oberstufe, ins Lycée. Neben Taschelhit, einer Berberisch-Variante, beherrschte er zu dem Zeitpunkt schon Arabisch und Französisch.

 

„Ich fragte mich: Wo sind eigentlich all die Leute?“

 

Deutsch hingegen war im Marokko der 1980er nicht viel mehr als eine exotische Neigung. Doch den bis dahin „ziemlich faulen“ Schüler hatte die Leidenschaft gepackt, Aaziz war Stammgast in der Bibliothek des hiesigen Goethe-Instituts, vertiefte sich dort in deutschsprachige Literatur.

Nach dem Abschluss am Lycée begann er ein Germanistik-Studium, dank eines Stipendiums ging es zum ersten Mal an die Quelle, für drei Wochen nach Deutschland, ins Ruhrgebiet. Kleinere Kulturschocks inklusive: „Alles war so viel leiser dort“, erzählt Lahrouchi mit gedämpfter Stimme.

Vom Deutsch-Lehrer zum Touristiker

„Und ich fragte mich: Wo sind eigentlich all die Leute? Die Straßen kamen mir so leer vor.“ Zurück in Marokko absolvierte er die Ausbildung zum Deutsch-Lehrer, unterrichtete, ging dann aber in die Tourismus-Branche, organisierte Reisen und führte deutschsprachige Gäste durchs Land.

„Das war eine tolle Zeit, und im Vergleich zum kargen Lehrergehalt konnte ich endlich etwas Geld verdienen.“ Das mit dem Tourismus-Job hätte auch fröhlich so weitergehen können, wäre ihm nicht ausgerechnet in Agadir eine Frau über den Weg gelaufen.

Eine Österreicherin. Die große Liebe. „Wir haben lange überlegt, ob wir in Marokko oder in Österreich leben sollten, aber dann gingen wir in ihre Heimat.“

 

„Ich hatte nichts, musste bei Null anfangen.“

 

Keine einfache, eine schwierige Entscheidung, schließlich wurde ihm kein einziger Abschluss angerechnet. Dass er vier Sprachen, darunter Deutsch, fließend beherrschte, war auch keine Starthilfe.

„Ich hatte nichts, musste bei Null anfangen.“ Lahrouchi arbeitete in einer Bäckerei, danach als Lagerist. Viel Arbeit, wenig Perspektive. „Ich musste da raus, etwas ändern, also steckte ich all meine Ersparnisse in eine Ausbildung, eine Abend-HAK im zehnten Wiener Gemeindebezirk.“

On- und Offlinekompetenzen

Gleichzeitig fand er untertags einen Job in einer Druckerei. „Das war irrsinnig wichtig und lehrreich, dort war ich bald für die EDV, die Website, aber auch die Gestaltung von Drucksorten zuständig.“

Nach Abschluss der Abendschul-Matura und mit reichlich Know-how im Grafik- und Druckbereich bewarb sich Lahrouchi 2008 auf eine Anzeige bei MANZ Verlag Schulbuch, Aufgabengebiet „Neue Medien“.

Spezialgebiet Troubleshooting

Ein Anforderungsprofil, das er mittlerweile zu einem Universalistenjob ausbaute. „Meine Arbeit hier lässt sich eigentlich nur schwer beschreiben. Ich sehe mich als Allrounder.“

Kerngebiete gibt es zwar, etwa das E-Publishing, also die Transformation von analogen Schulbüchern in M-BOOKs, die digitalen und interaktiven Lernmedien des Verlags.

Oder die Gestaltung von Infofoldern und Werbematerial. „Aber eigentlich liegt mir alles im Bereich Grafik, Webdesign, IT.“ Im Haus wird er nicht zuletzt als talentierter Troubleshooter geschätzt, der lahme Drucker zum Laufen bringt oder störrische Docs ins richtige Format konvertiert.

 

„Eisenstadt ist schon sehr, sehr ruhig.“

 

Seit einiger Zeit lebt der Vater von zwei Kindern nun in Eisenstadt. Was der Neo-Österreicher in seiner neuen Heimat vermisst?

Aaziz Lahrouchi überlegt nicht lange: „Das Essen, das Meer, die Berbermusik. Und ein wenig das Lebendige, das Quirlige von zuhause. Eisenstadt habe ich wirklich gern. Aber es ist schon sehr, sehr ruhig.“

 

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Ein Beitrag aus dem Was jetzt-Magazin, Ausgabe 1/19.

 

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