Schwerpunkt: Wandel

Bildungspolitik: Was Schülervertretung und Direktoren sich wünschen

Digitalisierung, Nachhaltigkeit im Lehrplan, mehr Supportpersonal: Wie sehen Bundesschülervertretung und Schuldirektoren die Vorhaben der neuen Regierung im Bildungsbereich? Und was wünschen sie sich für ihre Schule?

Von Florian Bayer - 22. Jänner 2020

 

Zwar sind nur 14 von 326 Seiten des neuen Regierungsprogramms dem Thema „Bildung“ gewidmet, und viele Expertinnen und Experten sind der Meinung, dass die ganz großen Brocken fehlen –  man ist sich jedoch einig, dass es in die richtige Richtung geht.

 

Wie geht es weiter im Bildungsbereich, was wünschen sich Schülervertreter und Direktoren? Wir haben uns umgehört.

 

So sieht das auch die neue Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike im Gespräch mit Was jetzt. „Wir begrüßen das neue Regierungsprogramm, denn fast alle unserer Forderungen und Wünsche betreffend notwendiger Reformen finden sich darin.“

Natürlich bleibe die Frage offen, wie viel letztlich wirklich umgesetzt wird. „Es fehlt auch oft noch an präzisen Formulierungen wie bestimmte Ziele, etwa der angekündigte Ausbau des Supportpersonals oder die vollständige Digitalisierung, erreicht werden sollen“, sagt Uzodike.

Noch immer gebe es an vielen Schulen kein funktionierendes WLAN. Noch immer mangle es an Beamern anstelle der veralteten Overhead-Projektoren. Gut sei jedenfalls, dass 100 besonders geforderte Schulen stärker unterstützt werden sollen, so die Bundesschulsprecherin.

Verbindliche Lehrpläne 

Dass die Zentralmatura weiter evaluiert wird, erachtet sie als positiv, auch wenn die Bemühungen um österreichweit einheitliche Standards und Fairness noch weitergehen müsse. Als Vorbild sieht sie Deutschland, wo zusätzlich zum Klassenlehrer auch eine zweite Lehrkraft desselben Fachs und derselben Schule die Benotung vornimmt – und im Zweifelsfall den Klassenlehrer überstimmen kann.

Auch die stärkere Betonung von Umwelt und Nachhaltigkeit im Unterricht befürwortet die Bundesschulsprecherin, wünscht sich aber, dass diese Themen „verbindlich und konkret in den Lehrplänen festgeschrieben werden.“ Nur so könne sichergestellt werden, dass sie auch tatsächlich in ausreichendem Ausmaß unterrichtet werden.

Als einziges Kernanliegen der Bundesschülervertretung nicht berücksichtigt wurde die Schaffung eines eigenen Fachs für Politische Bildung und Medienkompetenz. Die beiden Fächer werden zwar im Regierungsprogramm angekündigt, sollen aber – wie Politische Bildung schon jetzt – mit dem Fach Geschichte kombiniert werden.

„Das liest sich in der Theorie zwar gut, funktioniert in der Praxis aber nicht. Nach wie vor hängt es von der Lust und dem persönlichen Interesse des jeweiligen Lehrers ab, das einzubauen oder auch nicht“, sagt Uzodike.

Mehr Ressourcen 

Soweit das Feedback der Bundesschülervertretung, doch wie sehen Schuldirektoren das neue Regierungsprogramm?

„Mehr Ressourcen wären immer gut! Dass vermehrt Schulpsychologen und Sozialarbeiter zum Einsatz kommen sollen, ist jedenfalls positiv“, sagt Stefan Wenka, Direktor der HTL Wien 10 Ettenreichgasse, der grundsätzlich mit der Situation an seiner Schule zufrieden ist.

Zwar gebe es auch jetzt schon Jugendcoaches an seiner Schule, allerdings kämen diese nur zweimal wöchentlich. Den Bedarf sieht er auf jeden Fall gegeben, damit Schülerinnen und Schüler mit persönlichen Problemen, etwa in der Familie, kompetente Ansprechpartner haben. Zusätzliches administratives Personal wäre auch hilfreich, sagt Wenka, doch das Hauptaugenmerk solle auf der Unterstützung der Jugendlichen liegen.

Die Verbesserungen im Bereich Digitalisierung betreffen seine Schule nicht so sehr, da man als HTL ohnehin mit den Schwerpunkten Elektronik, Elektrotechnik, Maschinenbau und Mechatronik, mit laufenden Fortbildungen, neuesten Geräten und Expertise auch von außen, insbesondere aus der Industrie konfrontiert sei.

„Es ist natürlich entscheidend, nicht nur die Endgeräte bereitzustellen, sondern auch das dazugehörige Know-How“, sagt Wenka im Hinblick auf weniger spezialisierte Schulen. An seiner HTL gibt es 600 Rechner bei 1.200 Schülerinnen, das sei mehr als ausreichend.

Gleichgewicht Praxis und Allgemeinbildung 

„Prinzipiell zufrieden“ ist auch Markus Rainer, Direktor der Fachberufsschule für Fotografie, Optik und Hörgeräteakustik in Hall/Tirol mit der Situation an seiner Schule. Er ist froh, dass auch mit der neuen Regierung Berufsschulen im Bildungs- und nicht im Wirtschaftsministerium angesiedelt sind, wie ja immer wieder diskutiert wird.

So wichtig die Zusammenarbeit laut Rainer auch ist: „Die Berufsausbildung ist nicht alles. Es braucht ein Gleichgewicht zwischen betrieblicher Praxis und Allgemeinbildung.“

Während andere Regionen in Tirol mit Lehrlingsmangel zu kämpfen haben, sei seine Schule über all die Jahre kaum betroffen gewesen – „weil wir derart spezialisiert und einzigartig in Österreich sind“, so der Direktor. Drängende Probleme an seiner Schule sieht er nicht, auch komme nun endlich der lang ersehnte und mühsam erkämpfte Zubau des Gebäudes.

Den Fokus auf Digitalisierung befürworte er, doch auch an seiner Schule gebe es schon eine Vollausstattung, sagt Rainer – „von elektronischen Tafeln bis hin zu WLAN im ganzen Haus.“ Auch wenn sein eigenes Lehrpersonal Weiterbildung ernst nehme und regelmäßig die Kurse besuche, so hat er einen Vorschlag für die Regierung: „Lehrerfortbildungen verpflichtend zu machen. Denn dann gehen auch wirklich alle.“

 

 

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Ein Beitrag aus der Was jetzt-Redaktion. 

 

 

 

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