HÖLZEL VERLAG
WissenPlus: Regierungsreigen, für Schüler erklärt
Politische Bildung und Recht: Es ist viel passiert in Österreichs Innenpolitik. Dieser Text fasst die Ereignisse der letzten Wochen für Schülerinnen und Schüler zusammen und lässt sich im Unterricht einsetzen.
Von Mag. Georg Pils - 3. Juni 2019
Was ist geschehen?
Von Dezember 2017 bis Mai 2019 war Sebastian Kurz Bundeskanzler der Republik Österreich. Er stand an der Spitze einer Koalition der Neuen Volkspartei (ÖVP) und der Freiheitlichen Partei (FPÖ).
Kurz ist Parteichef der Neuen Volkspartei. Der Vizekanzler war Heinz-Christian Strache von der FPÖ. In der Regierung waren insgesamt sieben Ministerinnen und Minister der ÖVP, fünf Ministerinnen und Minister der FPÖ und drei parteilose Ministerinnen und Minister.
Der Fall Ibiza
Am 17. Mai 2019 – neun Tage vor der EU-Wahl – veröffentlichten drei Nachrichten-Medien (spiegel.de, sueddeutsche.de und falter.at) ein geheim aufgenommenes Video von Heinz-Christian Strache.
Gemeinsam mit dem geschäftsführenden Klubobmann der FPÖ im Nationalrat, Johann Gudenus, war er in einer Villa auf Ibiza im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte zu sehen.
In dem im Sommer 2017 aufgezeichneten Gespräch bestärkte er sie unter anderem darin, mehrere Millionen Euro in die Kronen Zeitung, die größte Zeitung des Landes, zu investieren. Gleichzeitig kündigte er an, mehrere Journalisten der Zeitung durch FPÖ-freundliche Redakteure zu ersetzen.
Darüber hinaus versprach er der Schauspielerin, die sich als reiche russische Geschäftsfrau ausgab, ihr im Fall eines Wahlsiegs öffentliche Aufträge zuzuschanzen. Es ging vor allem um Autobahn-Bauaufträge, die bis dahin der Baukonzern Strabag erhalten hatte. Schließlich bot Strache der Frau an, Geld an die FPÖ zu spenden.
Heinz-Christian Strache war in eine Falle getappt und hatte sich blamiert. Er trat am 18. Mai 2019, ebenso wie Johann Gudenus, aus allen politischen Ämtern zurück.
Bundeskanzler Sebastian Kurz verlangte daraufhin, dass auch Herbert Kickl sein Amt aufgeben müsse. Als Grund nannte er, dass Kickl Geschäftsführer der FPÖ in jener Zeit war, als das Ibiza-Video aufgenommen wurde. Schließlich könne er nicht gegen sich selbst ermitteln.
Die FPÖ-Ministerinnen und -Minister sagten daraufhin, dass sie im Falle von Kickls Entlassung auch zurücktreten würden. Am 22. Mai 2019 verließen die FPÖ-Minister und -Ministerinnen tatsächlich die Regierung. Die Koalition war somit beendet.
In interessanten Zeiten
Bundeskanzler Sebastian Kurz ersetzte die FPÖ-Regierungsmitglieder. Er suchte Personen aus der Verwaltung als Ministerinnen und Minister aus.
Die Regierungsmitglieder von der ÖVP blieben gleich. Hartwig Löger wurde der neue Vizekanzler. Er blieb auch Finanzminister.
Am 26. Mai 2019 fand die EU-Parlamentswahl statt. Man erwartete starke Verluste bei der FPÖ wegen des Ibiza-Skandals. Das Ergebnis war aber anders als die Vorhersagen: Die ÖVP gewann sehr stark dazu, die SPÖ verlor leicht, die FPÖ ebenfalls. Auch die Grünen verloren leicht. Die Neos gewannen ein wenig dazu.
Tags darauf stellten SPÖ, FPÖ und die Liste Jetzt im Nationalrat einen Misstrauensantrag gegen die Regierung. Wenn die Parteien die Mehrheit im Nationalrat erreichen würden, wäre die Regierung abgesetzt und Sebastian Kurz nicht mehr Bundeskanzler.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte eine derartige Abstimmung noch nie Erfolg gehabt. Am 27. Mai 2019 trat dieser Fall aber doch ein. Die Regierung Kurz hatte im Parlament das Vertrauen verloren und musste zurücktreten.
Die Eleganz der Bundesverfassung
Der Bundespräsident, Alexander Van der Bellen, reagierte gelassen. Er suchte Hartwig Löger als Bundeskanzler für eine Übergangszeit aus. Unmittelbar danach begann der Präsident, einen neuen Kanzler oder einer Kanzlerin zu suchen.
Am 3. Juni 2019 wurde Brigitte Bierlein, die bisherige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, als Bundeskanzlerin vereidigt. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist das höchste Gericht Österreichs. Es entscheidet unter anderem, ob Gesetze der Verfassung entsprechen.
Brigitte Bierlein stellte eine Regierung aus Experten und Expertinnen zusammen.
Diese neue Regierung ist bis zum voraussichtlichen Termin der Nationalratswahlen im Herbst im Amt. Sie kann zwar auch durch einen Misstrauensantrag gestürzt werden. Das gilt aber als unwahrscheinlich. Nach den Wahlen sollte es dann wieder eine neue Regierung geben.
Um wen geht es?
Alexander Van der Bellen – Bundespräsident (parteilos)
Heinz-Christian Strache – Vizekanzler bis 22. Mai 2019 (FPÖ)
Herbert Kickl – Innenminister bis 22. Mai 2019 (FPÖ)
Sebastian Kurz – Bundeskanzler bis 28. Mai 2019 (ÖVP)
Hartwig Löger – Bundeskanzler von 28. Mai 2019 bis 2. Juni 2019 (ÖVP)
Brigitte Bierlein – Bundeskanzlerin ab 2. Juni 2019 (parteilos)
Was ist ein Misstrauensantrag? Wie funktioniert die Regierungsbildung? Was bedeutet es, wenn eine parteiunabhängige Regierung gebildet wird? Wie geht es weiter?
Diese Fragen werden im downloadbaren Beitrag schülerkonform geklärt. Zusätzliche Übungen (Ereignisse in Zeitstrahl einordnen, Vokabeln definieren, und eine Textübung) erleichtern das Verstehen und Merken der politischen Ereignisse.
Gesamter Beitrag für den Unterricht
Den gesamten Beitrag zum Download inklusive Lösungen finden Sie im MANZ Online-Lehrerzimmer unter WISSENPLUS.
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Ein Beitrag der Was jetzt-Redaktion.