Schwerpunkt: Online-Lernen

Wie Lehrende und Schüler/innen sich auf die Matura vorbereiten

Für rund 40.000 Maturant/innen und ihre Lehrenden gibt es nun Klarheit: Die schriftliche Matura 2020 wird Ende Mai stattfinden. Wir haben Stimmen eingefangen, wie sich beide Seiten auf die heurige Reifeprüfung vorbereiten.

Von Florian Bayer - 10. April 2020

Seit dieser Woche ist es fix: Die Matura ist heuer eine „verschlankte“, wie Bildungsminister Heinz Faßmann in einer Pressekonferenz am 8. April verkündete

Planmäßiger Unterrichtsbeginn für Maturaklassen ist der 4. Mai, wodurch noch letzte Wiederholungen möglich werden. Die schriftliche Matura beginnt am 25. Mai, die mündliche Matura entfällt. Auf Schülerwunsch kann eine freiwillige mündliche Prüfung abgelegt werden, ansonsten entspricht die Maturanote im jeweiligen Fach der Note im letzten Jahreszeugnis.

Die Ungewissheit für Lehrkräfte sowie Maturantinnen und Maturanten hat nun also ein Ende. Wir haben uns an mehreren Schulen umgehört, wie sich beide Seiten in der derzeitigen Situation auf die für viele wohl wichtigste Prüfung ihres Lebens vorbereiten.

 

Endlich gibt es Gewissheit: Die schriftliche Matura startet Ende Mai. Foto: Shutterstock

Endlich gibt es Gewissheit: Die schriftliche Matura startet Ende Mai. Foto: Shutterstock

Intensive Vorbereitungen

„Die Vorbereitungen laufen schulintern, trotz der Osterferien, schon auf Hochtouren“, sagt Florian Ablöscher. Er ist Lehrer für wirtschaftliche Fächer an der HAK und Handelsschule der Vienna Business School und hat dort je eine Matura- bzw. Abschlussklasse.

„Meine Schülerinnen und Schüler verfolgen die Nachrichten aus dem Ministerium sehr intensiv“, berichtet Ablöscher. Die jüngste Pressekonferenz von Bildungsminister Faßmann habe zwar weitgehende Klarheit gebracht, doch müssen die Vorgaben noch an die jeweiligen Voraussetzungen angepasst werden.

„Mein Fokus liegt vor allem bei all jenen mit negativen Noten im Jahreszeugnis. Wie können sie positiv abschließen? Wo braucht es noch Prüfungen?“ Diese Fragen gelte es noch zu klären, sagt Ablöscher. Klare Kommunikation vonseiten der Administration sei aktuell besonders wichtig – und von seiner Schulleitung glücklicherweise gegeben, wie er berichtet.

Das Problem der schlechten Erreichbarkeit mancher Schülerinnen und Schüler hat er übrigens nicht: „Die Jugendlichen haben das Online-Lernen sehr gut angenommen. Alle machen mit“, sagte Ablöscher. Als Vorteil sieht er, dass ansonsten Schüchterne jetzt viel mehr aufblühen und mitarbeiten.

Allerdings ist auch der Aufwand beträchtlich höher als normal: Um die 100 E-Mails pro Woche und Klasse muss Ablöscher nun beantworten. Zusätzlich verwendet er die Software Microsoft Teams sowie OneDrive, mit dem sich Word- und Exceldokumente erstellen und teilen lassen.

Abwechslung ist wichtig

Den höheren Workload verspürt auch Christina Fabianitsch, die Englisch sowie Internationale Wirtschaft und Kulturkunde (IWK) an der HAK Hallein unterrichtet. Sie hat in beiden Fächern eine Maturaklasse.

 

"Meine Klasse ist sehr gut auf den Ablauf und die Art der Aufgabenstellungen vorbereitet." Christina Fabianitsch (HAK Hallein). Foto: privat

„Meine Klasse ist sehr gut vorbereitet.“
Christina Fabianitsch, Lehrerin an der HAK Hallein

 

„Ich bemühe mich um abwechslungsreichen Unterricht auch in der jetzigen Situation und bereite die Klasse mit verschiedenen Arten von Aufgabenstellungen vor, wie sie auch zur Matura kommen könnten“, sagt Fabianitsch und meint damit etwa Hör- und Leseverständnisübungen oder das Verfassen diverser Textsorten.

Ihre Schülerinnen und Schüler seien sehr fleißig, viele haben ihre Diplomarbeit schon deutlich vor dem Abgabetermin am 1. April abgeschickt. Ein Vorteil für viele ist die Zeitersparnis durch den Entfall der teilweise langen Anfahrtswege von bis zu einer Stunde, so die Lehrerin.

Geglückte Probematura

Hilfreich für die Wahl zwischen der schriftlichen oder mündlichen Variante der Englisch-Matura war für die Schüler/innen eine Probematura, die im Dezember mit Beispielen aus früheren Maturaaufgaben geschrieben wurde. Daraufhin entschied sich die Mehrheit für die schriftliche Englisch-Matura.

Wertvoll für die Zeiteinteilung und Bewältigung des Aufgabenpools seien überdies die Erfahrungen, die die Schülerinnen und Schüler im Fach „Kompetenzorientiertes eigenverantwortliches Lernen“ (1. und 2. Klasse) mitgenommen haben.

„Meine Klasse ist sehr gut auf den Ablauf und die Art der Aufgabenstellungen vorbereitet. Ich glaube nicht, dass jemand nervöser vor dieser Matura sein wird als bei der Matura in früheren Jahren“, sagt Fabianitsch.

Die neue Situation sieht sie auch als große Chance. So müssen die Schüler mehr Eigenleistung erbringen als gewohnt, um ihre Meinungen und Ideen schriftlich zu formulieren – eine Fähigkeit, die man im weiteren Leben jedenfalls braucht.

„Fast schon Einzelunterricht“

Ebenfalls an der HAK Hallein unterrichtet Jana Svejda, Lehrerin für Mathematik und Naturwissenschaften. Sie ist Klassenvorstand einer Maturaklasse und sagt, dass sie mit dem Mathematik-Stoff schon seit Februar durch sei.

 

"Ich bin mit allen meinen Schülerinnen und Schülern in engem Konktakt." Jana Svejda (HAK Hallein). Foto: privat

„Ich bin mit all meinen Schülerinnen und Schülern in engem Kontakt.“
Jana Svejda, Lehrerin an der HAK Hallein

 

Auch ihre Unterrichtssituation hat sich natürlich sehr verändert: „Ich bin mit jedem und jeder in engem Kontakt. Man kann fast von Einzelunterricht sprechen. Das wäre normalerweise nicht möglich“, sagt die Lehrerin.

Bei der Leistungsbereitschaft merkt sie übrigens keinen Unterschied: Die Fleißigen seien nach wie vor sehr aktiv, die weniger Leistungsorientierten sind dies auch jetzt noch geblieben.

„Für manche war es bequemer, sich in die Schule zu setzen und mit dem Strom zu schwimmen. Jetzt müssen sie mehr leisten, und das fällt ihnen schwer“, sagt Svejda. Auch sie betont die gewonnene Zeit durch entfallene Anfahrtswege, ein zumindest theoretischer Vorteil in der Vorbereitung.

Geteilte Meinungen über Vorbereitungszeit

In ihrer Klasse gebe es zwei Gruppen: Jene, die die digital übermittelten Arbeitsaufträge nicht unbedingt als „echte“ Vorbereitung für die Matura sehen. Diese Gruppe beklagt die verkürzte Vorbereitungszeit in der Schule bei gleichbleibendem Schwierigkeitsgrad der Matura.

Der andere Teil der Klasse vertritt die Meinung, dass ihnen in der Vorbereitung nichts fehlt und dass nun eben mehr Zeit zum eigenständigen Zusammenfassen und Lernen bleibt. Belastend ist die aktuelle Situation für beide Seiten, doch den meisten sei ein formaler Abschluss und eine „verdiente“ Matura auch in Zeiten wie diesen wichtig, berichtet Svejda.

Gut gerüstet sieht sich Viktoria Hammer, Schülerin am Technologischen Gewerbemuseum (TGM), der größten HTL Wiens. Schon lange vor der Umstellung auf Online-Lernen waren die Lehrkräfte sehr bemüht, den Stoff möglichst früh zu finalisieren.

 

"Balance und fix eingeteilte Freizeiten sind wichtig." Maturantin Viktoria Hammer (TGM Wien). Foto: privat

„Balance und fix eingeteilte Freizeiten sind wichtig.“
Viktoria Hammer, Maturantin TGM Wien

 

So haben Hammer und ihre Klassenkolleginnen und Klassenkollegen schon im ersten Semester die Maturaausarbeitungen abgegeben.

Die Maturantin bedauert aber, dass die Diplomarbeitspräsentation nun nicht stattfinden kann: „Schließlich ist es das Projekt, an dem wir schon das ganze Jahr arbeiten.“ Hammer versteht aber die Notwendigkeit dieses Schritts, ebenso wie die Absage der mündlichen Matura.

Aus eigener Erfahrung empfiehlt sie, vor allem im Fach Mathematik frühere Maturabeispiele immer wieder aufs Neue durchzurechnen. Auch Balance und möglichst fix eingeteilte Freizeiten seien wichtig. Und natürlich der regelmäßige Austausch mit Freundinnen und Freunden.

Eigenengagement gefragt

Auch Julia Pöschl maturiert heuer am TGM. Für sie fühlt sich die aktuelle Zeit wie ein „besonders langes Wochenende, wie Ferien während der Schulzeit“ an, wiewohl sie natürlich gut mit Hausaufgaben und Übungen eingedeckt ist und die Matura immer näherrückt.

„Anders als noch vor kurzem bekomme ich nun endlich wieder genug Schlaf. Im Abgabestress mit der Diplomarbeit war das nicht so“, berichtet die Maturantin. Es komme jetzt jedenfalls auf eigenes Einteilen des Stoffs und der Lernzeiten an.

Ein Vorteil sei, dass ihre Schule bereits seit langem gut gerüstet für das Online-Lernen ist. „Dadurch unterscheidet sich die Art der Aufgaben kaum vom regulären Labor- und Schulbetrieb“, berichtet Pöschl. Einzig der Austausch und die gute Stimmung beim gemeinsamen Arbeiten fehlen ihr.

Wenn sie als Fünftklässlerin auf die letzten Jahre zurückblickt, so merkt sie: „Der klassische Theorieunterricht ist nicht erst seit der aktuellen Krise ausgestorben. Eigenengagement war von Anfang an gefragt, und selbst einzuteilende Lerninhalte wurden über die Jahre immer mehr.“

Das ist in der aktuellen Situation mit Sicherheit kein Nachteil.

 

 

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Ein Beitrag aus der Was jetzt-Redaktion.

 

 

 

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