Schwerpunkt: Online-Lernen
Wie geht’s den Maturanten eigentlich? Wir haben nachgefragt
Teil 1 unserer neuen Serie zum Wohlergehen der österreichischen Maturanten und Maturantinnen. Diesmal: Carla und Idan. Über Motivation, Videokonferenzen und ihre Erfahrungen mit dem Online-Lernen sprechen sie hier.
Von Rosa Knecht (Fotos und Interviews) - 24. April 2020
Carla ist 17 Jahre alt und maturiert am Wiener BG 18 Klostergasse. Sie hat eine Katze und eine jüngere Schwester, malt gerne und möchte später Medizin studieren. Nach der Matura und vor dem geplanten Medizinstudium möchte sie eine Zeit in Belgien leben.
Idan (18) maturiert an der AHS Rahlgasse. Er ist an Politik interessiert und möchte im Idealfall später beim Fernsehen oder Radio tätig sein. Er macht nächstes Jahr seinen Gedenkdienst in Berlin.
1) Was wird deine erste Frage an deine Lehrer/innen sein, wenn du sie im Mai wiedersiehst?
Carla: Das ist ein bisschen davon abhängig, wie viele Informationen wir bis dahin bekommen. Momentan beschäftigt mich die Frage, wie die drei Wochen Vorbereitungszeit aussehen sollen (Unterricht nach Stundenplan? Nur Maturafächer? Wie können wir die Sicherheitsmaßnahmen einhalten?). Ich glaube, ich werde sie aber auch fragen, wie es ihnen persönlich geht, was sie aus der Zeit des Homeoffice gelernt haben und mitnehmen werden.
Idan: Ich werde sie fragen, ob sie sich Sorgen gemacht haben, dass die Maturavorbereitung über E-Learning nicht funktionieren könnte. Die Sorge mache ich mir nämlich, um ehrlich zu sein. Und ich werde fragen, ob es ihnen gut geht, natürlich.
2) Welches Maturafach triggert dich am meisten?
Carla: Ich glaube Mathe, weil das das Fach ist, für das ich am meisten lernen muss. Der Gedanke ans Mathelernen überfordert mich teilweise stark.
Idan: Mathe.
„Für Mathe muss ich am meisten lernen.“
3) Wo lernst du zu Hause am Liebsten − Bett, Schreibtisch, Boden oder Badewanne?
Carla: Am besten lerne ich am Schreibtisch. Ich sitze aber auch viel am Boden und stelle meinen Laptop auf mein Bett.
Idan: Ich lerne seit Beginn der Quarantäne an meinem Schreibtisch. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht, aber es erweist sich als ganz praktisch. Sonst aber auch gerne mal im Bett.
4) Die top drei Power-Songs deiner Playlist zum Lernen?
Carla: Ich habe nicht unbedingt eine Lernplaylist. Es kommt auch immer darauf an, was ich für die Schule machen muss. Wenn ich mich motivieren möchte, höre ich etwas, das mich hypt. Ich hör damit aber dann meistens nach einer Zeit auf, weil ich mich nicht gut genug konzentrieren kann. Dann lerne ich meistens ohne Musik oder mit Musik, die nur ruhig im Hintergrund spielt.
Idan: Watershed von Giant Rooks, Neue Wildnis von Oehl und Counting Stars von OneRepublic.
„Nicht stressen lassen, auch wenn es schwierig sein mag.“
5) Nachteule oder Tagschwärmer − wann lernst du am besten?
Carla: Mein Lernrythmus hängt natürlich von meiner Tagesroutine ab. Ich steh momentan aber am liebsten früher auf und beginn meistens am späten Vormittag oder zu Mittag mit meinen Schulsachen.
Idan: Ich lerne mittlerweile gerne zu Mittag. Meistens wird es dann aber doch sehr schnell der späte Abend.
6) Dein persönlicher (Lern-)Tipp für alle Maturanten da draußen?
Carla: In kleinen Happen die Dinge abarbeiten. Zwar natürlich regelmäßig die Mails und die Kontaktwege mit den Lehrer/innen aktualisieren und checken, aber sich die Aufgaben trotzdem rausschreiben und nicht immer im Mailverlauf etc. nachschauen. Das wird schnell so unübersichtlich und stresst mich immer sehr. Sich nicht vom Lernprozess der Mitschüler/innen stressen lassen.
Idan: Nicht stressen lassen, auch wenn es schwierig sein mag (ich schaffe es auch noch nicht ganz). Es ist alles halb so ernst, wir sitzen alle mehr oder weniger im selben Boot. Und zum Lernen: Prioritäten setzen. Ehrlich, man muss so knapp vor der Matura nicht jeden Musik-Arbeitsauftrag machen, auch wenn das offiziell niemand zugeben will.
„Mein Tipp: Beim Lernen die Dinge in kleinen Happen abarbeiten.“
7) Helfen dir Maturalösungen der letzten Jahre bei der Vorbereitung weiter?
Carla: Ich denke schon, die Maturen der letzten Jahre zu üben, kommt der Matura wahrscheinlich am nächsten, weil die Formate ja so gut wie gleich sind.
Idan: Auf jeden Fall. Die Maturalösungen und Beispiele der letzten Jahre sind für mich die hilfreichsten Mittel, um mich auf die Prüfungen vorzubereiten.
8) Was vermisst du am meisten am Schulalltag?
Carla: Eine gewisse Lernrountine. Klareren Abstand zwischen Schule und Freizeit. Die sozialen Kontakte. Das gemeinsame Lernen und die persönlichen Erklärungen von Lehrerinnen und Lehrern.
Idan: Meine Freunde.
9) Hat das Online-Lernen zu Hause für dich Vorteile?
Carla: Ja! Ich kann mir die Zeit individueller einteilen. Der Fokus liegt jetzt noch stärker auf den Maturafächern. Man kann individueller lernen und den Fokus auf die Fächer legen, in denen man es braucht.
Idan: Auf jeden Fall. Beim Texte schreiben ist es beispielsweise wirklich sehr angenehm, mit einer Tasse Tee und lauter Musik in den Ohren im Bett zu sitzen und sich auf eine Aufgabe zu fokussieren. Generell ,,verschwendet“ man weniger Zeit, weil der Schulunterricht wegfällt – Unterrichtsstunden können einem schließlich doch sehr lange vorkommen und etwas inhaltslos sein. An der Sinnhaftigkeit einiger E-Learning-Arbeitsaufträge ist dennoch zu zweifeln.
„Die Maturalösungen und Beispiele der letzten Jahre sind für mich die hilfreichsten Mittel!“
10) Was machst du, wenn beim Lernen gar nix mehr geht?
Carla: Aufhören. Ich (video)telefoniere mit Freunden und Freundinnen, koche/backe, gehe in meinen Garten, mach Sport oder was mit meiner Schwester.
Idan: Aufhören und alles zur Seite legen. Dann erst mal eine Pause machen und schauen, ob plötzlich doch wieder die Motivation zurückkommt. Beim Schreiben passiert das öfters mal, bei Mathe eher nicht.
11) Netflix & Co: Serie, die Spaß macht und Kraft gibt?
Carla: Ich schau grad gar nicht Netflix. Ich habe aber „Unorthodox“ vor ein paar Wochen geschaut, das war gut.
Idan: Ich komme tatsächlich nicht wirklich zum Serien schauen, denn ich höre momentan eher Podcasts, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich habe in den letzten Wochen einige sehr gute entdeckt, die mir die Quarantäne wirklich erleichtern. Zum Beispiel ,,The Daily“ von der New York Times.
„Wenn beim Lernen nichts mehr geht: Aufhören!“
12) Online-Lernen − alleine oder gemeinsam?
Carla: Bis jetzt habe ich noch nicht wirklich gemeinsam gelernt, bei Fragen rede ich aber natürlich mit Mitschülern/Mitschülerinnen. Ich glaube aber, dass ich in den nächsten Wochen mehr gemeinsam lernen werde oder dass sich Freunde/Freundinnen und ich gemeinsame Lernzeiten ausmachen, um uns zu motivieren.
Idan: Meist alleine. Wenn ich mit Freunden an einer Aufgabe arbeite, funktioniert das oft nicht so gut wie gedacht. Es gibt dann irgendwie doch immer Interessanteres, über das wir lieber sprechen wollen. Die Frage, ob zwei mathematische Formeln denn äquivalent sind oder nicht, rückt da schnell einmal in den Hintergrund.
13) Multiple-Choice: Was bringt‘s am meisten? Wähle drei: MS Teams, Slack, Skype, Hangout, Moodle, LMS.at, E-Mail, Snailmail, Brieftaube.
Carla: Über die Schule verwende ich nur Mail, Google Classroom und Google Meet. Privat benütze ich hauptsächlich Facetime, Skype und Zoom.
Idan: Skype, Moodle und E-Mail. Wir nutzen allerdings fast nur E-Mail und den ,,WebUntis Messenger“ als Kommunikationsplattformen.
„Online-Unterricht? Hatten wir noch nicht.“
14) Dein schlimmstes/lustigstes Erlebnis beim Online-Lernen?
Carla: Wir hatten bis jetzt zweimal Videokonferenzen, die waren lustig und wir hatten noch ein paar Schwierigkeiten mit der Technik. Am schlimmsten war wahrscheinlich das Einhalten von Deadlines, obwohl es einem grad nicht so gut geht.
Idan: Wir haben bisher keinen Online-Unterricht gehabt – ich wünschte, ich könnte lustige Geschichten erzählen…
15) Was wirst du in der ersten Stunde nach dem letzten Maturatermin machen?
Carla: Draußen sein mit Freundinnen und Freunden und einfach zusammen sein.
Idan: Mit meinen Freunden sein. Wenn wir die Prüfungen alle schaffen, können wir wirklich stolz sein. Wir haben die Vorbereitung auf die Matura eigenständig bewältigt und diese Aufgabe trotz der Ungewissheit, wie genau die Prüfungen im Endeffekt ablaufen werden, gemeistert. Geschenkt wird uns die Note schließlich nicht, auch wenn das viele gerne behaupten werden.
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Ein Beitrag aus der Was jetzt-Redaktion.