Schwerpunkt: Online-Lernen

„Abwechslungsreiche Aufgaben ohne Überforderung!“

Jonathan Ritt ist Lehrer an der NMS Torricelligasse in Wien und hat schon viel Erfahrung mit Lernplattformen. Er empfiehlt, viel auszuprobieren, sorgfältig auszuwählen und für Abwechslung ohne Überforderung zu sorgen.

Von Florian Bayer - 7. April 2020

Herr Ritt, Sie setzen schon länger auf Digitalisierung und unterrichten seit diesem Schuljahr auch eigene Tabletklassen. Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Es ist ganz viel über Ausprobieren gegangen. Probieren, probieren, probieren. Ich habe unglaublich viele Apps installiert und nach zwei Tagen wieder gelöscht, weil es doch nicht das Richtige war.

Man kommt aber mit der Zeit darauf, was funktioniert. Und gerade jetzt in Krisenzeiten merkt man, dass sich das ausgezahlt hat.

 

Jonathan Ritt ist Lehrer an der NMS Toricelligasse in Wien. Foto: privat

Jonathan Ritt unterrichtet Deutsch und Informatik an der NMS Torricelligasse in Wien. Foto: privat

Wie sieht derzeit Ihr Unterricht aus?

Bis dato lautete ja der Auftrag, dass bis zu den Osterferien nichts Neues gemacht werden darf, sondern nur der schon gelernte Stoff wiederholt wird.

Viele Lehrpersonen haben ihr Material also auf drei Wochenportionen verteilt, andere alles auf einmal übermittelt. Die Schülerinnen und Schüler haben sich das dann selbst eingeteilt.

Was sich gezeigt hat: Bei manchen funktioniert das selbstständige Arbeiten besser, bei anderen nicht so gut. Wie auch im Regelunterricht, es betrifft die jeweils selben Kinder.

Wie wird es nach Ostern weitergehen?

Ab Ostern dürfen und sollen ja auch neue Inhalte gelehrt werden. Wir haben uns im Kollegium geeinigt, dass wir nach den Osterferien eine tägliche Videokonferenz mit unseren Schüler/innen in der Früh machen.

„Bei manchen funktioniert das selbstständige Arbeiten besser, bei anderen nicht so gut. Wie auch im Regelunterricht.“

In dieser Konferenz werden die Arbeitsaufträge portioniert werden. Es gibt zwei Hauptgegenstände und einen Nebengegenstand pro Tag – und dementsprechend dann auch Aufgaben für je einen Tag.

Welche Software verwenden Sie dafür?

Wir verwenden die Lernplattform „Showbie“, die sich sehr leicht bedienen lässt. Die haben wir auch schon vor der Coronakrise benutzt, insofern ist es für die Schülerinnen und Schüler keine Umstellung.

Gut daran ist, dass man direkt in der App korrigieren kann. Man muss nichts ausdrucken oder extern speichern, sondern kann direkt mit Stift oder Finger am Tablet Sachen markieren, abhaken und dann in Echtzeit wieder an die Schüler/innen zurückschicken.

Wie sieht die Elternkommunikation aus?

Wir verwenden das digitale Mitteilungsheft „Schoolfox“. Die Installation war leider etwas umständlich, weswegen ich die Eltern eingeladen habe, um ihnen dabei zu helfen.

Seitdem gibt es keine Probleme mehr, es funktioniert hervorragend. Die Eltern erhalten meine Schulmitteilungen als Push-Nachricht am Handy, können sie bestätigen und auch Fragen dazu stellen.

Haben Sie das Problem, manche Schüler/innen aktuell nur schwer oder gar nicht zu erreichen?

In meinen Klassen sind bereits alle mit Tablets ausgestattet, wodurch ich mit allen in Kontakt bin. Ich hoffe, das bleibt so in den nächsten Wochen.

Nur einer meiner Schüler hat kein Internet zuhause und ist auf den Hotspot seines Vaters angewiesen. Das ist aber auch kein Problem, weil ich es ja weiß und dann eben warte, bis wieder mehrere Aufgaben auf einmal hochgeladen werden.

Merken Sie, dass sich Ihre Rolle als Lehrer verändert hat, dass Sie vielleicht mehr Coach sind als im Regelunterricht?

Vom Didaktischen her ist es ganz anders. Ich sitze den ganzen Tag am iPad oder Computer und warte auf Fragen, die ich dann beantworten kann.

Die Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern, besonders bei den sozial Schwächeren ja sehr wichtig, ist dadurch besser geworden. Man ist wirklich jeden Tag persönlich mit jedem und jeder in Kontakt, was man im Regelunterricht in dieser Form nicht hat.

Welche Apps und Software können Sie anderen Lehrkräften empfehlen?

Für Videokonferenzen und Unterrichtseinheiten war in unserem Test „Zoom“ am praktikabelsten. Von 21 Schülerinnen und Schülern in einer Klasse konnten schon beim ersten Versuch 19 daran teilnehmen.

Die Plattform „Showbie“ eignet sich gut für Arbeitspläne, die man der Reihe nach durcharbeiten kann. Auch kann man auf andere Apps verlinken, etwa „Kahoot“ oder „Socrative“, wo man sich mit den Mitschülern in Quizzen messen kann.

„Man kann nicht davon ausgehen, dass die Kinder drei Stunden lang durchgehend am Schreibtisch sitzen.“

Auch die App „Anton“ bietet viele Lerninhalte für Deutsch, Mathematik und Biologie. Und mit „Sockpuppets“ (nur für Apple, Anm.) kann man mit Handpuppen Dialoge erstellen und sprechen, was sich besonders für den Englischunterricht gut eignet. Abwechslung ist das Wichtigste.

Haben Sie noch eine Empfehlung zur Unterrichtsgestaltung?

Man kann nicht davon ausgehen, dass die Kinder drei Stunden lang durchgehend am Schreibtisch sitzen und die Aufgaben erledigen. Dafür gibt es viel zu viele Ablenkungen zu Hause, viele sind im Haushalt eingespannt oder haben auch Geschwister.

Kleine Portionen, niemanden überfordern und abwechslungsreiche Aufgaben, das ist momentan wohl das Wichtigste.

 

 

Weiterlesen:

Jonathan Ritt hat, noch vor Corona, auch im Blog „Schulgschichtn“ über seine Erfahrungen mit dem Online-Lernen berichtet.

 

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Ein Beitrag aus der Was jetzt-Redaktion.

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